Eigentlich sollte er jetzt sein Amt antreten. Doch der neue Chef der Verwaltungshochschule muss wegen eines Einspruchs vor Gericht warten. Derweil wird bekannt, dass unter den Bewerbern auch die Ehefrau eines wichtigen SPD-Politikers war.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart / Ludwigsburg - Der personelle Neubeginn an der seit anderthalb Jahren von Turbulenzen erschütterten Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg verzögert sich überraschend. Der im Juli gewählte neue Rektor, Wolfgang Ernst von der Hochschule Heilbronn, wird sein Amt nicht wie geplant Anfang November antreten. Der Grund: das Wissenschaftsministerium von Theresia Bauer (Grüne) stellt die Ernennung so lange zurück, bis das Verwaltungsgericht Stuttgart über einen Eilantrag der früheren Rektorin Claudia Stöckle entschieden hat. Dies sagte ein Sprecher Bauers der StZ. Eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts sagte, man werde in dem Verfahren um vorläufigen Rechtsschutz voraussichtlich Mitte November entscheiden. Nachdem Ende Oktober noch ein zwanzigseitiger Schriftsatz von einem Beteiligten eingegangen sei, bekämen die anderen Beteiligten zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

Der Wirtschaftsingenieur Ernst (54), Dekan an der Außenstelle Künzelsau der Hochschule Heilbronn, war Ende Juli überraschend zum neuen Rektor gewählt worden. Er sollte am kommenden Montag den vom Wissenschaftsministerium eingesetzten Beauftragten ablösen, den früheren PH-Rektor Hartmut Melenk. Der 74-Jährige führt die Beamtenhochschule, seit Stöckle zu Jahresbeginn vorzeitig abgelöst worden war. Noch am Tag der Wahl hatte die ehemalige Rektorin zwei Eilanträge beim Verwaltungsgericht eingereicht, mit denen sie sich gegen ihre Versetzung in den einstweiligen Ruhestand und die Ernennung des neuen Rektors wehrt.

Es entspricht gängiger Praxis, dass aus Respekt vor dem Gericht vor einer Entscheidung keine Fakten geschaffen werden. Im Ministerium und in Ludwigsburg hatte man allerdings darauf gesetzt, dass das Eilverfahren rechtzeitig abgeschlossen werden würde. Die längere Dauer könnte darauf hindeuten, dass sich das Gericht sehr gründlich mit den Umständen des Führungswechsels beschäftigt.

Profilierte Bewerber nicht berücksichtigt

Unterdessen werden im Umfeld der Hochschule Zweifel an der Vorauswahl laut, die unter den gut zwanzig Bewerbern für den Rektorenposten getroffen wurde. Drei Kandidaten waren dem Hochschulrat und dem Senat zur Wahl vorgeschlagen worden: Wolfgang Ernst, der sich als unabhängiger Mann von außen präsentierte, sowie die beiden Prorektoren in Ludwigsburg, eine Professorin und ein Professor. Im zweiten Wahlgang hatte sich Ernst klar durchgesetzt, obwohl er kaum Erfahrungen mit der Verwaltung vorweisen kann. Intern soll er besonders seine Führungskompetenz herausgestellt haben. Der Interimschef Melenk hatte von einer „überzeugenden Nachfolge“ gesprochen: Ein Neuanfang sei „mit einem Externen einfach am besten möglich“.

Nach StZ-Informationen hatten sich mehrere profilierte externe Bewerber gemeldet, mit breiter Erfahrung in Forschung und Lehre, in der Verwaltung und in Führungsaufgaben. Darunter war auch eine Kollegin Ernsts von der Hochschule Heilbronn: die Prorektorin Ruth Fleuchaus (52), Professorin für Marketing und Ehefrau des SPD-Landtagsfraktionschefs Claus Schmiedel. Fleuchaus genießt an der Hochschule einen guten Ruf und gilt als ausgesprochen vielseitig: sie ist unter anderem verantwortlich für den Bereich Internationalisierung, engagiert sich stark in der Gremienarbeit und gründete eine Lehrfirma für Studenten, die mit einem Landes-Lehrpreis ausgezeichnet wurde. Für Kenner des Bewerberfeldes ist es schwer nachvollziehbar, warum sie und andere, ähnlich profilierte Kandidaten nicht in die Endauswahl kamen – zumal in  der Ausschreibung ausdrücklich Frauen ermuntert wurden.

Schmiedel forderte rasches Aus für Rektorin

Die Hochschule ersparte sich damit zumindest Fragen nach der Rolle von Claus Schmiedel. Der SPD-Fraktionschef und Ludwigsburger Abgeordnete hatte im Sommer 2014 auf eine rasche Ablösung der Rektorin Stöckle gedrungen. Man brauche eine schnellere Lösung als die vom Wissenschaftsministerium eingesetzte Kommission, hatte er zunächst kritisiert. Zu diesem Zeitpunkt soll seine Ehefrau Fleuchaus noch nicht an der Rektorenstelle interessiert gewesen sein.

Die Landtags-FDP dringt derweil weiter auf Aufklärung der Turbulenzen in Ludwigsburg. In drei neuen Anfragen erkundigt sie sich nach den Umständen der Kommissionsarbeit sowie nach Kritik von Studenten an Ministerin Bauer. Der frühere Asta-Chef Sebastian Kröber hatte schwere Vorwürfe gegen die Grüne erhoben: Sie habe weder wirkliche Aufklärung betrieben und Rechtsverstöße von Hochschulangehörigen geahndet, noch habe sie sich schützend vor die intern unter Druck gesetzten Studenten gestellt.

Aus den Reihen des Asta erntete Kröber dafür inzwischen Widerspruch und Kritik: Mit „Alleingängen“ habe er die Krise verschärft und durch seine Wortwahl die „Emotionalisierung befördert“, heißt es in einer Erklärung einstiger Mitstreiter. Der frühere Asta-Chef, der sich auf eine große Mehrheit stützen konnte, weist die Vorwürfe als falsch zurück; er hat inzwischen Strafanzeige wegen Verleumdung erstattet.