2011 war das teuerste Jahr aller Zeiten – zumindest, wenn man die Kosten für die Behebung der Schäden von Naturkatastrophen betrachtet.

Stuttgart - Die ersten beiden Sturmtiefs des neuen Jahres sind gerade über Deutschland hinweggefegt. Die Schäden, die Ulli und Andrea hinterlassen, sind aber nichts gegen das globale Ausmaß an Naturkatastrophen im Jahr 2011 , wie der Münchner Versicherungsriese Munich Re in einer Schadensbilanz des abgelaufenen Jahres belegt. Zwar blieb auch Europa speziell in der zweiten Jahreshälfte nicht von Stürmen und Sturzfluten verschont. Und erstmals hat die US-Wetterbehörde ein Tief über dem Mittelmeer Anfang November vergangenen Jahres als tropischen Sturm klassifiziert. Die Region des Leidens war im Vorjahr aber Asien und der Pazifik.

 

Vor allem das verheerende Seebeben vor Japan und der davon ausgelöste Tsunami sowie Beben in Neuseeland haben 2011 zum Jahr mit den höchsten Schäden aus Naturkatastrophen aller Zeiten gemacht. Dazu kamen eine Vielzahl wetterbedingter Katastrophen wie ein Hochwasser in Thailand. Insgesamt lagen die gesamtwirtschaftlichen Schäden aus Naturkatastrophen voriges Jahr mit global 380 Milliarden Dollar um fast zwei Drittel höher als im bisherigen Rekordjahr 2005, als der Hurrikan Katrina New Orleans verwüstet hatte, bilanzierte die Munich Re.

Beben und Tsunami in Japan

„Die teuerste Naturkatastrophe aller Zeiten“ war das stärkste je in Japan registrierte Erdbeben und der dadurch ausgelöste Tsunami am 11. März. Orte, Straßen und Gleise wurden weggespült, fast 16 000 Menschen starben, und im Atomkraftwerk Fukushima kam es zum GAU. Die Folgen des Atomunglücks nicht mitgerechnet, verursachten Beben und Tsunami volkswirtschaftliche Schäden von 210 Milliarden Dollar. Versichert waren geschätzt bis zu 40 Milliarden Dollar.

Auch Versicherer wie die Munich Re mussten 2011 wegen der verrückt spielenden Natur tief wie nie in die Taschen greifen, um die verursachten Schäden zumindest finanziell zu regeln. 105 Milliarden Dollar gegenüber 101 Milliarden Dollar im Jahr 2005 betrug im Vorjahr das Ausmaß der versicherten Schäden. „So eine Serie schwerster Naturkatastrophen wie im abgelaufenen Jahr ereignet sich zum Glück nur äußerst selten“, betonte Munich-Re-Vorstand Torsten Jeworrek. Mit einer Wiederholung einiger Katastrophen sei nur alle 1000 Jahre oder noch seltener zu rechnen.

Die Munich Re macht darauf aufmerksam, dass zwar nicht wetterbedingte Naturkatastrophen wie Erdbeben und Tsunami 2011 das Bild prägen. Von der Anzahl her entfielen aber neun Zehntel aller 820 Großschäden des Vorjahres aus Naturkatastrophen auf das Wetter. Das bringt den Klimawandel ins Spiel, zumal wetterbedingte Katastrophen in Normaljahren die dominierenden Schadentreiber sind.

Wahrscheinlichkeit für Erdbeben

2011 sei kein Indiz, dass die Wahrscheinlichkeit für Erdbeben zugenommen hat, stellt Peter Höppe als Chefrisikoforscher der Munich Re klar. Die Beben seien jedoch eine dringende Mahnung, diese Risiken bei Standortentscheidungen vor allem für Atomkraftwerke unbedingt zu bedenken. Zudem müssten Baustandards in von Erdbeben gefährdeten Regionen deutlich strenger werden. Auch aus der Hochwasserkatastrophe in Thailand müssten Lehren gezogen werden. Dort verloren nicht nur Hunderte Menschen ihr Leben und große landwirtschaftliche Flächen wurden überflutet. Betroffen waren auch sieben große Industriegebiete mit Werken vor allem japanischer Konzerne. Als Folge war unter anderem ein Viertel der global benötigten Komponenten für Computer-Festplatten vom Hochwasser beeinträchtigt, was Abnehmer zu Produktionsunterbrechungen zwang. Das zeige, wie anfällig globale Lieferketten für Naturkatastrophen geworden sind, warnt die Munich Re.

Ungewöhnlich heftig verlief im vergangenen Jahr auch die Tornadosaison in den USA, sagen die Münchner Risikoforscher. In der Summe verursachten mehrere Unwetterserien dort Gesamtschäden von 46 Milliarden Dollar, von denen rund 25 Milliarden Dollar versichert waren. Das ist eine Verdoppelung gegenüber dem bisherigen Tornadorekordjahr 2010. Die Munich Re erklärt das vor allem durch das Klimaphänomen La Niña. In Folge dieser natürlichen Klimaschwankung gelangen Wetterfronten mit kühler Luft über den USA häufiger auf feuchtwarme Luft, was gehäuft Tornados auslöst.