Auch im Milieu der arabischstämmigen Clans verlaufen Beerdigungen normalerweise ruhig. Weil manche trauernde Familie aber so groß ist, entstehen in Zeiten von Corona Probleme, die auch die Polizei beschäftigen.

Berlin - In der Luft über Berlin-Schöneberg schwebte ein Polizei-Hubschrauber, auf den Straßen hatten Polizisten Kontrollpunkte für die Trauergäste eingerichtet. Über Lautsprecher- Durchsagen wurde den Besuchern am Montagvormittag erklärt, wie sie sich verhalten sollten. Ein derartiger Aufwand für die Beerdigung eines Nicht-Prominenten ist höchst ungewöhnlich. Aber am Montag kamen zwei Faktoren zusammen: Bestattet wurde die Mutter führender Mitglieder eines bekannten arabischstämmigen Clans. Zu solchen Trauerfeierlichkeiten können sonst Hunderte Verwandte aus ganz Deutschland zusammen kommen. Gleichzeitig sind derzeit wegen der Corona-Regeln große Versammlungen verboten.

 

Seit Tagen hatte sich die Polizei auf den Einsatz vorbereitet und ein umfangreiches Konzept ausgearbeitet. Auch weil schon kürzlich vor dem Krankenhaus in Kreuzberg, in dem die Frau starb, bis zu 100 Verwandte vor dem Eingang standen. Besonders einsichtig soll die Großfamilie auf die Bitten der Polizei, wenigstens die Beerdigung in kleinem Kreis abzuhalten, nicht reagiert haben.

Trauergäste trugen Mundschutz

Am Montagmorgen stand zunächst die rituelle Waschung der Toten in einer Moschee am Neuköllner Columbiadamm an, bevor um 11.00 Uhr die eigentliche Beerdigung auf dem Neuen-Zwölf-Apostel-Friedhof im Stadtteil Schöneberg beginnen sollte. Dort hatten sich im September 2018 rund 2000 Männer aus bekannten Großfamilien bei der Beerdigung eines erschossenen Berufskriminellen versammelt und die Polizei intensiv beschäftigt.

Diesmal bemühten sich 250 Polizisten, die Corona-Beschränkungen durchzusetzen. Zufahrtsstraßen zum Friedhof waren zum Teil mit Absperrgittern blockiert. Ringsum standen Polizeiwagen. Zivilpolizisten, die sich im Clan-Milieu auskennen, beobachteten ankommende Verwandten.

An einer Absperrung wurden von Polizisten Ausweise kontrolliert. Unter den Trauernden war auch das bekannte Familienoberhaupt. Männer und Frauen nahmen an der Beisetzung teil, viele waren schwarz gekleidet. Über Lautsprecher forderte die Polizei die Trauergäste auf, den Sicherheitsabstand von 1,50 Metern einzuhalten. Manche der Trauergäste trugen einen Mundschutz.

60 Verwandte „aus dem engsten Familienkreis“

An den Absperrungen hatten sich deutlich mehr als 100 Menschen versammelt. Zugang zum Friedhof und Grab erhielten aber nur 60 Verwandte „aus dem engsten Familienkreis“, die auf einer Namensliste standen, wie ein Polizeisprecher sagte. In Gruppen von jeweils 20 Menschen wurden sie eingelassen. Erst wenn eine Gruppe den Friedhof wieder verlassen hatte, kam die nächste dran.

Mehrfach hatte die Polizei betont: „Wir haben Verständnis für die Trauer, müssen aber sehen, wie wir trotzdem mit angemessenem Respekt dafür Sorge tragen, dass die Regeln eingehalten werden.“

Schließlich verlief alles friedlich. Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik sprach von einer ruhigen und verhaltenen Atmosphäre bei der Beisetzung. Es gab nur eine Anzeige, weil ein Mann Journalisten bespuckt haben soll.

Am Nachmittag beobachtete und kontrollierte die Polizei noch den weiteren Verlauf der Trauerfeierlichkeiten in einer Villa im Stadtteil Buckow in Neukölln. Hier hatten sich bereits am Donnerstag so viele Verwandte getroffen, dass die Polizei gegen 47 Menschen Ermittlungsverfahren wegen Corona-Verstößen einleitete.

Spektakulärer Goldmünzen-Diebstahl

Mitglieder der arabischstämmigen Großfamilie waren in den vergangenen Jahren wegen diverser Straftaten verurteilt worden. Dazu gehörte auch der spektakuläre Goldmünzen-Diebstahl aus dem Bode-Museum. Der Clan steht auch wegen der vorläufigen Beschlagnahme von 77 Häusern und Wohnungen im Wert von neun Millionen Euro im Sommer 2018 im Fokus der Öffentlichkeit. Die Immobilien sollen laut Staatsanwaltschaft mit Geld aus Straftaten gekauft worden sein.

Für zwei dieser Immobilien ordnete das Landgericht Berlin Mitte April erstmals die konkrete Einziehung an. Der 26-jährige Eigentümer sitzt derzeit im Gefängnis, legte aber Beschwerde ein, so dass der Beschluss noch nicht rechtskräftig ist. Laut Staatsanwaltschaft ist eine der beiden Immobilien eine denkmalgeschützte Villa in Neukölln.