Crowdfunding ist ja mittlerweile in aller Munde. Warum will mir dann aber niemand Geld spenden? Aus dem Leben einer Filmstudentin.

 51. WOHNZIMMER    INNEN/ TAG

 

Wenn man einen Film drehen will, braucht man erst mal Geld, sonst geht gar nichts. 

Aber als junger Filmstudent hat man das nicht unbedingt mal eben so rumliegen. Und das, was man von der Hochschule bekommt, reicht meistens gerade so aus, um mit zwei Schauspielern in einem leeren Raum zu drehen. Und sonst nichts. 

Für mein neuestes Projekt bin ich also auf die grandiose Idee gekommen, auch mal die Sache mit diesem Crowdfunding zu versuchen. Macht ja heutzutage jeder und am Ende steht dann bei den meisten auch immer ein ordentlicher Spendenbetrag zu Buche. Fragt Veronica Mars oder Zach Braff. 

Ich habe mir also eine Kamera geschnappt, hab mich vor die Linse gesetzt und in die Kamera von meinem Projekt erzählt. Eben so, wie die anderen das auch immer machen. Leider bin ich nicht gerade der geborene Sprecher und das merkt man auch. Vielleicht hätte ich lieber eine Schauspielerin nehmen sollen, die sich als mich ausgibt. Na ja. Jetzt ist es zu spät. 

Einige Klicks später steht dann die Seite. Hier kann man alles über mein Projekt - einen Kurzfilm - erfahren und eben auch spenden, wenn man denn möchte. 

Der Sinn des Crowdfundings ist ja, dass möglichst viele spenden, gerne auch kleine Beträge. Ganz nach dem Motto: "Every Penny counts". Bei Zach Braff waren es 46.000 Menschen. So viele werde ich wohl nicht erreichen. Ich bin trotzdem gespannt. 

Dann geht es los. Vier Wochen Zeit habe ich jetzt, die erhofften dreitausend Euro einzustreichen. 

Nach zehn Tagen sind es großartige 63,50 Euro. 

Fünfzig davon sind von meinen Eltern. 

Hm. Also irgendwie versteh ich das nicht so richtig. Wo ist denn nun die Masse? Die Crowd?

Etwas verzweifelt lese ich mich durch die anderen Projekte, die ebenfalls auf der Spendenseite zu finden sind. Es gibt hunderte von Kurzfilmen, Musikprojekte, ja sogar Weltreisen, die es zu unterstützen gilt. Die meisten Videos sind langweilig, die Leute darin unsympathisch und die Geschichten meist auch nur semi-originell. 

Warum sollte ich denen mein Geld geben? Für einen popeligen Kurzfilm, der von Studenten umgesetzt wird? 

Zach Braffs neuen Film guck ich mir gerne an. Aber diese vielen anderen Sachen?

Zurück auf meiner Seite merke ich dann, dass mein Video langweilig ist, ich unsympathisch wirke und die Geschichte auch nur semi-originell klingt.

Ich würde mir auch nichts schenken. 

Und trotzdem können die anderen Projekte einen gravierenden Unterschied im Vergleich zu meinem aufweisen: ihnen wurde gespendet. Und zwar teilweise wirklich mehrere tausend Euro. 

Irgendwas mache ich falsch. 

51b. FLUR/ FILMAKADEMIE  INNEN/ TAG

Ich laufe einer Kommilitonin über den Weg, bei deren Projekt erfolgreich gespendet wurde. Ich frage sie, wie sie das gemacht haben.

           KOMMILITONIN

      Du, wir haben auch nur hundert Euro gespendet bekommen. Vielleicht hundertfünfzig. Der Rest ist von uns gewesen.

Hm. Komisch. 

Als ich mich weiter umhöre, bestätigt sich das: "Wir haben selbst das Geld aufstocken müssen." "Meine Mutter hat gespendet." "Die Firma von meinem Vater." 

Ich bin etwas irritiert. Das soll also die Crowd sein? Man selbst, Mama und Papa?

Die kann ich auch fragen, ohne, dass ich mir den Crowdfundingstress mache. Wahrscheinlich funktioniert Crowdfunding dann doch nur, wenn man irgendwie sowieso schon bekannt ist. Vielleicht funktioniert Crowdfunding aber auch überhaupt gar nicht und es ist nur ein bissche Marketing. Keine Ahnung.

Ich hake die Geschichte ab.

51c. WOHNZIMMER   INNEN/ ABEND

Kurz vor Spendenschluss bekomme ich eine Nachricht von einer fremden Frau: "Liebe Filmemacherin. Ihr Projekt klingt wirklich spannend. Ich freue mich auf das fertige Produkt." 

Sie hat mir dreißig Euro überwiesen. 

Ich bin sprachlos. Und aus dem Häuschen.

Am Ende haben mir die insgesamt hundert Euro Spenden dann das Essen finanziert.

Für meine beiden Schauspieler im leeren Raum.

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