Ich bitte meinen Dozenten um ein Feedback zu meinem neuen Drehbuch. Doch alles, was ich im Seminar kriege, ist harsche Kritik. Eine neue Kolumne aus der Reihe "Aus dem Leben einer Filmstudentin".

 54a. SEMINARRAUM/ FILMHOCHSCHULE     INNEN/ TAG

 

Ich habe mein Drehbuch mit in den Unterricht gebracht und erhoffe mir Feedback und Hilfe, da ich an einem Punkt nicht weiterkomme. Es ist mein Diplombuch und es hängt besonders viel Herzblut und biographisches an dem Stoff. Ein bisschen bin ich auch stolz auf das Werk. Immerhin ist es bereits 90 Seiten lang und beim Schreiben hat es mich selbst einmal zu Tränen gerührt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich zwar 24 Stunden nicht geschlafen, es war fünf Uhr früh und zwischendurch war ich beim Schreiben eingenickt - aber trotzdem. So viel habe ich noch nie auf einmal zu Papier gebracht und ich erhoffe mir ein kleines bisschen Anerkennung für meine Leistung. 

        DOZENT

    Das ist wirklich ein ganz tolles Buch. Feinsinnige Dialoge, gute Wendepunkte, tolle Charaktere. Weiter so.

Sagt der Dozent zum Buch eines Kommilitonen. Das Buch war schon auch ganz gut. Aber es kommt kein einziger Kritikpunkt. Und perfekt ist es noch lange nicht. Aber alles was nicht funktioniert, wird gar nicht erst angesprochen. 

Schließlich kommen wir zur Besprechung meines Buchs. Ich bin ein wenig aufgeregt. Die Spannung vor dem ersten Feedback ist meistens unerträglich. Man fragt sich, ob man Mist gebaut hat, andererseits hofft man, dass es gut ankommen wird. Aber meistens kann ich es nicht wirklich einschätzen. Wenn ich das Gefühl habe, ich habe es verbockt, sind alle immer ganz begeistert. Bin ich begeistert, hat es meistens keiner verstanden.

          DOZENT

    Also ich hab es nicht verstanden. Was ist denn nun das Thema? Um was geht es?

Meine Laune sinkt in den Keller. Um was es geht? Hat er es denn nicht gelesen? Ich erkläre es ihm in knappen Sätzen. Er schüttelt den Kopf.

         DOZENT

    Das ist zu unfokussiert. Das ist alles und nichts. Du willst zu viel.

Eigentlich will ich nur, dass ihr mein Buch gut findet! 

Die Kommilitonen klinken sich nun in das Feedbackgespräch ein und geben dem Dozenten recht. Dazu sagen sie Sätze wie: “Das soll jetzt nicht fies klingen, aber....“ Oder “Ich finde es gut, dass es so realistisch ist.“ Es soll nur leider nicht realistisch sein. 

Am Ende der Stunde bin ich ein kleines Häufchen Elend. Ich habe das Gefühl, dass ich alles umsonst gemacht habe. 90 Seiten! Die Nächte habe ich mir um die Ohren gehauen, Freunde vernachlässigt, mein eigenes Wohlbefinden und das alles dafür, dass ich jetzt noch mal bei null anfangen soll?

54b. SCHLAFZIMMER   INNEN/ TAG

Zuhause schmeiße ich mich aufs Bett und vergrabe meinen Kopf ins Kissen. So schlecht habe ich mich wahrscheinlich nicht mehr gefühlt, seit ich in der Pubertät meinem langjährigen Schwarm meine Gefühle für ihn gebeichtet und er mir einen Korb gegeben hat. 

Mr. Big kommt rein und fragt mich, was los ist. Ich erzähle ihm von der Kritik und bitte ihn, das Buch ebenfalls zu lesen und mir seine Meinung dazu zu sagen. Ich gebe ihm das Buch und er fängt an zu lesen. Eine unerträglich lange Zeit später, ist er endlich fertig.

       MR. BIG

   Also. Es stimmt schon.

       ICH

    Was?

      MR. BIG

    Es ist nicht... das, was es sein könnte. 

Das war nicht, was ich hören wollte. Ich ziehe mir die Decke über den Kopf.

Jetzt höre ich auf. Wirklich. Endgültig. Keinen Bock mehr. Alles bescheuert. 

54c. SEMINARRAUM/ FILMHOCHSCHULE  INNEN/ TAG

4 Wochen später. 

Ich habe mir einen Ruck gegeben und mein Buch noch mal von Grund auf überarbeitet. 

            DOZENT

     Also. Was ist denn bei dir los gewesen? Das war wohl nix!

Sagt er zu dem Kommilitonen, dessen Buch beim letzten Mal so gelobt wurde. Dabei finde ich nicht, dass es so schlecht ist, wie er es darstellt. Die anderen Kommilitonen geben dem Dozenten Recht. 

Zu meinem Buch findet er heute nur positive Worte, er versteht es jetzt. Hurra. Aber ich merke, dass mir das gar nicht mehr so wichtig ist. Anscheinend ändert der seine Meinung darüber, was er jetzt gut findet und was nicht, wie andere ihren Facebookstatus. Wichtig ist, dass ich mir die Kritik zu Herzen genommen habe und die Vorschläge umgesetzt habe.

Blöd nur, dass es mir jetzt nicht mehr gefällt. 

Hm. 

Behind the Scenes gibt es auch Facebook.