Flüchtlingen hilft jetzt ein Behördenwegweiser bei der Orientierung im neuen Land. 1000 Exemplare des zweisprachigen Regelwerks mit praktischen Tipps und Erklärungen der Amtssprache gehen jetzt in die Unterkünfte.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Amtsdeutsch stellt auch Einheimische vor Verständnisprobleme. Wie muss es dann erst Flüchtlingen ergehen, die im neuen Land mit vielen Dingen konfrontiert sind, die es in ihrer Kultur gar nicht gab. „Ich habe gelernt, dass ich täglich in den Briefkasten schauen muss. So etwas haben wir in Syrien nicht“, scherzte Alfares Murai bei der Vorstellung des stattlichen Ordners mit dem programmatischen Namen Compass. Darin ist alles Wissenswerte von Anhörungsverfahren bis Zuweisungsentscheidung in Wort und Bild sowie auf Deutsch und Hocharabisch beziehungsweise Englisch erklärt. Viele Begriffe lassen sich nicht übersetzen, sondern nur umschreiben, weil es sie in der anderen Kultur nicht gibt. Für die Fotos posierten Murais Landsmann Ibrahim Kodaimi und seine Familie beim Welcome-Center, bei der Agentur für Arbeit oder beim Arzt.

 

Ein stattlicher Ordner für die Unterkünfte

Unter der Federführung der Bürgerstiftung und mit finanzieller sowie fachlicher Unterstützung der Klett-Gruppe, der Celesio AG und der Medienproduktionsfirma Netzwerk P können jetzt die ersten 1000 Exemplare in den Sammelunterkünften und bei den sozialen Trägern verteilt werden. „Die Dringlichkeit lag in der Luft“, charakterisiert Helga Fabritius von der Bürgerstiftung die Idee, die zu dem landesweit einzigartigen Projekt führte. Frank Schmuntzsch und Esther Biedenkopf, die sich 2015 ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagierten, lieferten dazu den Impuls. „Erst haben wir einen Zettel mit nützlichen Adressen zusammengestellt und schnell zeigte sich, dass das nicht ausreicht“, sagt Schmuntzsch und Esther Biedenkopf berichtet, dass sie deshalb alle Beteiligten an einen Tisch brachten um herauszufinden, wo Informationsbedarf besteht und wie abstrakte Begriffe erklärt werden können. So wuchs das Projekt bis zum stattlichen Ordner, in dem in verschiedenen Farben, die Phasen visualisiert sind, die ein Flüchtling durchlaufen muss. „Es wird gezeigt, was man vom ersten Tag an machen muss: Wie ist das mit der Anmeldung, wie kann man eine Ausbildung machen, wo können die Kinder zur Schule gehen oder wie kann man sich krankenversichern“, zählt Murai auf.

Die nächste Ausgabe ist geplant

„Das Werk schafft Orientierung und Sicherheit“, lobt der Leiter des Sozialamts Stefan Spatz und die Geschäftsführerin der Bürgerstiftung, Irene Armbruster, hebt die gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung hervor. „Wir haben uns engagiert, weil wir bemerkt hatten, dass Stuttgart bei der Flüchtlingshilfe zwar gut aufgestellt ist, dass es aber dennoch an manchen Stellen hapert.“ Bei den jetzt durch die Klett-Gruppe fertig gestellten Exemplaren wird es nicht bleiben. Eine weitere Version in Deutsch-Farsie ist geplant. Weitere Informationen gibt es auf der Website des Compass unter www.compass-stuttgart.info.