Bei Kindern landen häufig Dinge im Magen, die da nicht hingehören „Papa, ich habe einen Legostein verschluckt“
Egal ob Kaugummi oder Lego: Bei Kindern landen häufig Dinge im Magen, die da nicht hingehören. Aber ist das wirklich schlimm?
Egal ob Kaugummi oder Lego: Bei Kindern landen häufig Dinge im Magen, die da nicht hingehören. Aber ist das wirklich schlimm?
Stuttgart - Bei Kindern landen häufig Dinge im Magen, die da nicht hingehören. Aber ist das wirklich schlimm? Und wie kriegt man die berühmte Erbse wieder aus der Nase? Warum gibt es seit Corona mehr Anrufe in der Giftnotrufzentrale? Hier sind die Antworten auf die drängendsten Fragen.
Darf man Kaugummis verschlucken?
Vermutlich seit der Kaugummi im Jahr 1871 erfunden wurde, warnen Eltern ihre Kinder davor, diese zu verschlucken. „Pass auf, der bleibt in der Speiseröhre hängen“ oder „Das klebt dir noch den Magen zusammen und verdaut werden kann der Kaugummi auch nicht!“, lauten die mahnenden Worte. Aber stimmt das überhaupt?
„Nein“, beruhigen Experten wie Kinderarzt Till Reckert vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte aus Reutlingen. Zwar klebt Kaugummi felsenfest an Schuhsohlen oder Schultischen; schluckt man ihn hinunter, legt sich jedoch sofort ein Feuchtigkeitsfilm um den Kaugummi. Dieser verhindert, dass das klebrige Stück direkten Körperkontakt hat mit Mund, Speiseröhre, Magen oder Darm. Verwerten kann der Körper vom Kaugummi zwar nur den enthaltenen Zucker sowie die Aromen, die Kaumasse aber bleibt nicht etwa im Magen, sondern wird – wie alles, was der Körper von der Nahrung nicht brauchen kann – beim Toilettengang wieder ausgeschieden.
Und wie sieht es mit Kleinteilen wie Legosteinen oder einer Murmel aus?
Auch diese rutschen in der Regel problemlos über die Speiseröhre in den Magen und werden über den Darm mit dem nächsten Stuhlgang wieder ausgeschieden. „Allerdings kommt es hier sehr auf die Größe der Teile an“, sagt der Kinderarzt Till Reckert. Dem „Deutschen Ärzteblatt“ zufolge sind beispielsweise Münzen, die einen Durchmesser von weniger als 20 Millimeter haben, unproblematisch. Diese Größe erfüllen jedoch nur Ein- und Zweicentmünzen. Alle größeren Geldstücke müssten dem „Ärzteblatt“ zufolge bei Kindern zwischen zwei und fünf Jahren innerhalb von 24 bis 72 Stunden entfernt werden.
Was ist passiert, wenn das Kind plötzlich zu husten anfängt?
Nicht immer rutschen die Kleinteile problemlos vom Mund in den Magen, sondern bleiben unterwegs irgendwo stecken. Sie können sich in den Atemwegen festsetzen, die Schleimhäute reizen und zu einem Verschluss der Atemwege führen. Dann droht Erstickungsgefahr. „Das passiert übrigens auch gern, wenn man mit Essen im Mund rennt“, sagt Till Reckert. Wenn ein Kind also plötzlich anfängt zu husten, zu würgen oder das Gesicht blau anläuft, dann müssen sofort Rettungsmaßnahmen durchgeführt werden, warnt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.
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Wie sehen solche Rettungsmaßnahmen aus?
Man legt das Kind in Bauchlage auf das Bein eines Erwachsenen, und zwar so, dass der Kopf und die Arme herunterhängen. Mit bis zu fünf festen Schlägen zwischen die Schulterblätter sollte sich der Fremdkörper dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte zufolge lösen. Passiert das nicht, umgreift man das Kind von hinten und presst den Brustkorb maximal fünfmal hintereinander am unteren Brustbein zusammen. Diese Schritte werden wiederholt, bis der Fremdkörper ausgespuckt wird oder der Notarzt eintrifft. Hat das Kind keine akute Luftnot, bringt man es möglichst sitzend sofort in die nächste Kinderklinik.
Knopfbatterien gelten als besonders gefährlich beim Verschlucken. Warum?
Sie lassen kleine Züge fahren, entlocken den Kinderbüchern Tiergeräusche und Kuscheltieren Bewegungen: Knopfzellen sind inzwischen in sehr viele Spielzeuge eingebaut. Ist die Batterie leer, fällt auf: Man braucht zum Wechseln meist einen Schraubenzieher – und das hat gute Gründe. „Werden die Knopfzellen verschluckt, lösen sie sich auf und sind dann ätzend“, sagt Kinderarzt Till Reckert aus Reutlingen. Die Schleimhäute der Speiseröhre können dann anfangen zu bluten und es kann sogar zu einem Durchbruch der Speiseröhre kommen. Deshalb gilt: Besteht der Verdacht, dass ein Kind eine Knopfzelle verschluckt hat, muss es sofort mit dem Rettungsdienst in die Klinik gebracht werden, raten die Giftnotrufzentralen.
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Wie sieht es mit verschluckten Bonbons aus?
Landen sie im Magen, ist das kein Problem. „Die lösen sich auch auf, wenn sie dort als Ganzes ankommen“, sagt Till Reckert vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Allerdings bleiben auch harte Süßigkeiten gern mal in der Luftröhre stecken. „Bei Kleinkindern verzichtet man auf solche Süßigkeiten deshalb besser“, sagt Till Reckert.
Auch Kindern werden derzeit häufig die Hände desinfiziert. Was passiert, wenn die Finger danach gleich wieder im Mund landen?
„Das Abschlecken ist unbedenklich“, sagt Kinderarzt Till Reckert. Was allerdings seit Beginn der Corona-Zeit zunimmt, sind Anrufe bei den Giftnotrufzentralen, weil Kinder Desinfektionsmittel getrunken haben. In der Regel sind darin Alkohole enthalten, die Übelkeit, Erbrechen und Schwindel hervorrufen können. Die Giftnotrufzentralen raten Eltern, den Kindern etwas Süßes zu trinken zu geben, damit der Blutzuckerspiegel nicht sinkt, und sie dann zu beobachten. Meist werde jedoch nur sehr wenig Desinfektionsmittel getrunken – weil es einfach nicht schmeckt.
Und was ist zu tun, wenn die Kinder im Garten irgendwelche Pflanzen gegessen haben?
„Die meisten Pflanzen sind vergleichsweise unproblematisch“, sagt Kinderarzt Till Reckert aus Reutlingen. Und Giftpflanzen haben den Vorteil, dass sie meist sehr bitter sind und deshalb nicht in relevanten Mengen gegessen werden. Bei Unsicherheiten kann ein Anruf bei der Giftnotrufzentrale weiterhelfen, beispielsweise in Freiburg (Telefon 07 61 / 1 92 40).
Was tut man, wenn kleine Gegenstände in Nase oder Ohren gesteckt werden?
Passt die Erbse ins Nasenloch? Wie weit kann man die kleine Perle wohl ins Ohr stecken? Kinder gehen solchen Dingen gern praktisch auf den Grund. Steckt der Gegenstand dann fest, können die Eltern meist nicht mehr machen, als einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufzusuchen. „Der hat für solche Fälle Spezialwerkzeug und das ist vor allem bei kleinen Kindern hilfreich, die bei der Bergung der Gegenstände nicht unbedingt kooperativ sind“, sagt Till Reckert vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.