4000 Kinder nehmen am Schulaktionstag der Turn-Weltmeisterschaften teil. Das Sportgerät steht dabei nicht mehr im Vordergrund.

Stuttgart - Sie sind verschwitzt, haben rosige Wangen und müssen erst mal verschnaufen. Die vier Jungs von der Stuttgarter Rosensteinschule haben beim Wettbewerb School-in-motion gerade eine neue Bestzeit aufgestellt.

 

Für dieses Strahlen gibt es keinen Ersatz. Ein Team, vier Geräte und die Zeit läuft – so lautet das Motto an dieser Wettbewerbsform, die nach und nach auch den Schulunterricht im Land erobern soll und sogar Teil des neuen Bildungsplans ist. Es zählt die Team-Zeit, nicht die beste Ausführung der Übungen. Auf gestreckte Beine wird bewusst weniger Wert gelegt, um so auch Nicht-Turner für den Sport zu gewinnen.

Anfeuern und Unterstützen

Am Anfang standen die Jungs von der Rosensteinschule noch etwas unschlüssig vor der Aufgabe und mussten sich erst herantasten. Aber als die erste Hemmschwelle überwunden und die Schuhe ordnungsgemäß verstaut waren, war der Ehrgeiz geweckt. Der erste Starter muss durch Hindernisse durchrobben und sie überspringen, der nächste muss auf der Matte eine Rolle vorwärts, die Rückwärtsvariante und ein Rad hinlegen, ehe der Dritte vom Trampolin auf eine Matte springt und das letzte Kind abklatscht, das über eine Bank balancieren muss. Das gegenseitige Anfeuern und Unterstützen, macht School-in-motion zu einem gemeinschaftlichen Erlebnis.

Mehr als nur an der Reckstange hängen

Beim Schulaktionstag als Beiprogramm der Turn-WM kommt diese Form gut an. Insgesamt 4000 Kinder pendeln am Montag zwischen der Schleyerhalle, in der sich die besten Turner für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio qualifizieren, und den Angeboten von „Schule turnt“ hin und her. „Das Konzept ist perfekt. Man sieht die Turner bei der WM und kann es gleich selbst ausprobieren“, sagt Alex von der Zollberg-Realschule aus Esslingen, die ein Sportprofil hat. Von seiner Schule sind 520 Schülerinnen und Schüler dabei.

Schnell zeigt sich im Bauch der Schleyerhalle: Turnen ist mehr, als nur an der Reckstange zu hängen „Die Kinder sollen nicht die Geräte, sondern sich selbst erleben“, sagt Stephan Scheel, Leiter für den Geschäftsbereich Kinder, Jugend und Fitness beim Schwäbischen Turnerbund (STB). Das Erlebnis steht an diesem Tag im Mittelpunkt. Diesen neuen Ansatz begrüßt auch STB-Präsident Wolfgang Drexler, der dem Nachwuchs einen Besuch abstattet. „Es geht um eine Modernisierung des Turnens, bei dem das Gerät nicht mehr im Vordergrund steht“, sagt Drexler, der einem Verband mit 1800 Vereinen und 700 000 Mitgliedern vorsteht.

Wie in „Casino Royale“

Ein weiterer attraktiver Baustein beim Schulaktionstag ist Parkour. Bekannt wurde die Trendsportart vor allem durch Filme. In „Casino Royale“ (2006) jagt James Bond einen Widersacher über eine Großbaustelle. Die Hindernisse beim Parkour in der Schleyerhalle bestehen aus drei Tischen, die es zu überwinden gilt, bevor dann eine Mauer wartet. „Erstaunlich, dass dies mit nur drei Regeln funktioniert“, sagt Andrea Scheel, Lehrerin an der Schönbachschule in Hildrizhausen. Leise landen, sich nicht unterschätzen und aufwärmen lauten die Gebote. Deshalb ist es wichtig, dass man die Gelenke in alle Richtungen kreisen lässt. Dann soll jeder für sich mit fließenden Bewegungen einen Weg über die Hindernisse finden.

Parkour fordert den Körper und fördert die Kraft, Beweglichkeit, Geschicklichkeit und Entschlossenheit. Dieser Herausforderung stellt sich auch Andrea Scheel und schafft sogar die Vorgabe des Trainers, beim Überqueren stets das Bein und nicht das Knie aufzustellen. Bis 14 Uhr konnten sich die Schüler austoben – danach durften die kleinen Kinder in die Bewegungswelt nebenan, die noch bis Sonntag, 13. Oktober, läuft. Der Eintritt ist frei, eine Abmeldung nicht nötig.