Lettland mit seinen gut zwei Millionen Einwohnern hat am Mittwoch die vielleicht wichtigste Hürde auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft genommen. Die Untersuchungen durch die EU- und EZB-Experten hat Lettland bestanden.

Brüssel - Formal geht es nur um das Ende einer Ausnahmegenehmigung, da bis auf Dänemark und Großbritannien alle EU-Mitglieder zur Einführung der Gemeinschaftswährung verpflichtet sind. Praktisch wäre die Aufnahme Lettlands in den Euroraum zum 1. Januar 2014 mehr als das – in einer Zeit, da die Zweifel am Fortbestand der Gemeinschaftswährung noch nicht ganz ausgeräumt sind. EU-Währungskommissar Olli Rehn sprach dann am Mittwoch auch von einem „Vertrauenssignal“ und „weiteren Beweis, dass jene, die den Zerfall der Eurozone vorhergesagt haben, falsch lagen“.

 

Das kleine baltische Land mit seinen gut zwei Millionen Einwohnern hat am Mittwoch die vielleicht wichtigste Hürde auf dem Weg zur gewünschten Mitgliedschaft genommen. Die Untersuchungen durch die Experten der EU-Kommission sowie der Europäischen Zentralbank (EZB), ob alle Beitrittskriterien erfüllt sind, hat Lettland jedenfalls bestanden. In einem Bericht, der die Entscheidungsgrundlage für die EU-Finanzministersitzung am 9. Juli ist, stellen sie fest, dass „Lettland die Bedingungen für die Einführung des Euro erfüllt“.

Währungskommissar Rehn empfiehlt die Aufnahme Lettlands

Eine Einschränkung gibt es, die jedoch nur formaler Natur sein dürfte: Lettland ist offiziell noch einem Defizitverfahren wegen einer zu hohen Neuverschuldung unterworfen. Allerdings hat die Regierung in Riga wie gefordert die Nettokreditaufnahme bis Ende 2012 unter die maßgebliche Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt – auf 1,2 Prozent. Erst in der Vorwoche hatte Währungskommissar Rehn daher den Mitgliedstaaten empfohlen, den baltischen Staat möglichst bald aus dem Sanktionsverfahren zu entlassen. Dies wird aller Voraussicht nach bei der nächsten Finanzministersitzung in zwei Wochen geschehen.

Lettland, das im Zuge der Finanzkrise 2008 kurz vor der Staatspleite stand und einen Rettungskredit vom Internationalen Währungsfonds (IWF) brauchte, gehört inzwischen bei der Haushaltssanierung zu den europäischen Musterknaben: Die Staatsverschuldung lag im Vorjahr bei 40,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, erlaubt sind 60 Prozent. Die Hilfsmilliarden sind zurückbezahlt. Auch die Inflationsrate, eines der weiteren Eurokriterien, liegt mit 1,2 Prozent im Jahresdurchschnitt 2012 im Rahmen des Erlaubten. Die Stabilität des Lats, der bisherigen, bereits an den Euro gekoppelten Währung, ist nach Ansicht von Kommission und EZB genauso gegeben wie die der Zinsen.

Zusammen mit dem Befund, dass die rechtlichen Anpassungen bei der lettischen Notenbank das Land „kompatibel“ mit der Eurozone machen, sehen die beiden Institutionen daher alle Bedingungen als erfüllt an. Das heißt aber nicht, dass es keine Probleme gäbe. Die Bevölkerung hat für den strikten Sparkurs der Vorjahre einen hohen sozialen Preis bezahlt. So liegt die Arbeitslosenquote mit 14,9 Prozent noch einmal klar über dem bereits hohen EU-Durchschnitt von elf Prozent. Darunter sind besonders viele Langzeitarbeitslose. „Die strukturelle Arbeitslosigkeit ist hoch“, schreiben die beiden EU-Institutionen. Das Inflationsrisiko ist ein weiterer Punkt, auf den sie verweisen. Trotz der aktuell günstigen Zahlen bestehen aufgrund von Preissteigerungsraten von bis zu 15 Prozent in den vergangenen Jahren „Bedenken bezüglich der längerfristigen Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Konvergenz des Landes“, wie die Europäische Zentralbank in ihrer Analyse schreibt.

CSU-Mann Ferber zweifelt an Lettlands Geldwäschegesetzen

„Trotz allen Lobes“, warnt daher der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber, „darf jetzt kein Automatismus ins Rollen kommen.“ Schließlich wolle das Land „Mitglied in einem Club werden, der in den letzten Jahren leider viele negative Erfahrungen mit anderen Clubmitgliedern gemacht hat“. Er zweifelt, ob Lettlands Geldwäschegesetze dem Standard entsprechen: „Lettland darf nicht zur neuen Destination für russische Großanleger werden, die mit Zypern eine Steueroase verloren haben.“ Tatsächlich mahnt der EU-Bericht die Umsetzung entsprechender Vereinbarungen an. Etwas euphemistisch heißt es dort: „Lettland hat eine lange Tradition und zahlreiche Wettbewerbsvorteile bei der Betreuung ausländischer Bankkunden, vor allem von Unternehmen aus GUS-Staaten.“

Zu dem insgesamt positiven Bescheid muss sich auch das Europaparlament äußern, es entscheiden aber die Mitgliedstaaten. Lettland wird daher auch Thema beim EU-Gipfel Ende Juni. Nach einem möglichen Ratsbeschluss der Finanzminister am 9. Juli, der unter den Eurostaaten einstimmig fallen muss, würde ein endgültiger Wechselkurs von Lats zu Euro festgelegt.

Brüssel -