Als Beki Probst in den 80er Jahren den kleinen Filmmarkt übernahm, war das anders. Ein Paradies, sagt die Chefin. Sie fing – noch zu Westberliner Zeiten – mit vier Mitarbeiterinnen an. „Es war es eine harte Schule. Ich hatte keine Ahnung, wie man das macht. Ich las nächtelang die alte Korrespondenz, um zu verstehen, wie das Geschäft funktioniert.“ Sie verstand es offensichtlich. Mit dem Umzug an den Potsdamer Platz – und vor allem mit der Verlegung des American Film Market aufs Jahresende – begann der Berliner Markt zu florieren. Als Festivalchef Dieter Kosslick dann die freche Idee hatte, die Messe in ein Museum zu verlegen, das zwar schlechtes Internet, dafür aber eine super Atmosphäre hat, schwärmten alle.

 

Das passte zum Image vom coolen Berlin, das sich in dieser Zeit international entwickelte. Auch wenn es eigentlich ums Business geht. „Die Leute sind etwas anders geworden, weniger Kino-Lover, mehr Business.“ Manche Geschäfte wurden beim Abendessen auf dem Tischtuch unterschrieben. Heute wird gemeetet, gepitcht, gesignt. Die Zeiten seien schnell, sagt Beki Probst. „Früher haben die Leute mehr vom Leben gehabt. Sie gingen in Berlin auch mal ins Theater, ins Museum, aßen ein original Eisbein. Heute ist das nicht mehr möglich. Das macht uns ärmer.“

Probst ist ein Kinomanin, geboren in Istanbul

Während Beki Probst so von den alten und den neuen Zeiten spricht – und ihre Erzählung mit unzähligen Namen aus Cannes, Locarno, Sundance und Venedig spickt – da versteht man, dass sie die denkbar beste Besetzung war, um aus einer piefigen Westberliner Messe ein weltläufiges Business zu machen. Probst ist Kosmopolitin. Und sie ist Kinomanin. Geboren wurde sie – irgendwann vor mehr als 70 Jahren – als Tochter einer Familie sephardischer Juden in Istanbul. „Meine Eltern waren durch ein Dekret von Atatürk gezwungen, in Troja alles hinter sich zu lassen und nach Istanbul zu ziehen. Sie kamen dort an mit nichts und zwei kleinen Kindern. Und dann kündigte ich mich an.“

Es waren harte Zeiten. Aber fürs Kino reichte es immer – und für eine gute Erziehung. Probst besuchte eine französische Schule, studierte Jura und begann als People-Reporterin einer türkischen Zeitung zu arbeiten. Es blieb nicht bei den Leute-Geschichten aus dem einzigen internationalen Hotel Istanbuls. Probst wurde nach Cannes geschickt – und fand dort Anfang der 60er Jahre ein Journalistenparadies. Ganz nah kam sie an die Prominenten ran. „Es war kein Problem, mit Leuten wie Sophia Loren oder Elizabeth Taylor zu sprechen.“ Letzterer lieh sie mal auf der Toilette eine Sicherheitsnadel, weil der Träger ihres BH sich verabschiedet hatte. „So eine Sicherheitsnadel, die hilft“, sagt Beki Probst und lächelt wissend. Denn damals begann sie, ihr soziales Netz in der Filmwelt zu weben. Und davon profitiert der Filmmarket bis heute.

Es ist einer dieser steingrauen Nachmittage im Berliner Winter, auf den Straßen splittert das Eis, und Probst ist aus ihrem Büro in ein Café nebenan geflüchtet. So habe sie mal ein bisschen Ruhe, sagt sie. Die Chefin des Marktes hat gerade das hinter sich, was sie in dem ihr eigenen Beki-Kosmo-Sprachgemisch als big challenge bezeichnet. Von dem andere aucune idée haben: das Programmieren der Marktvorführungen. Viele Stunden sitzt sie dann da, zusammen mit ein paar ihrer inzwischen 35 Mitarbeiter und entscheidet darüber, wann welche Weltpremiere für die Händler in welchem der inzwischen 40 über die ganze Hauptstadt verteilten Kinos zu sehen ist. Für jedes Kino gibt es einen großen Bogen Papier. Und darauf notiert Probst von Hand, wann wo welcher Film laufen soll. Sie kümmere sich um die großen Firmen, sagt Probst. „Es ist ein bisschen wahnsinnig. Alle wollen am Anfang, alle wollen um 11, und alle wollen um 15 Uhr.“

Sie versucht also, Prioritäten zu setzen und Wünsche zu berücksichtigen. „Die Leute realisieren nicht, dass es für sie selbst kontraproduktiv ist, alles auf die ersten drei Tage zu konzentrieren.“ Dann verschickt sie den Plan – und dann kommen ungefähr eine Million Mails mit Änderungswünschen. In dieser Phase steckt sie an diesem Nachmittag. Und atmet hörbar aus. „Es ist ja unmöglich, alles zu sehen. Die Leute haben noch Meetings zwischendurch. Alles muss schnell gehen, dazwischen kommen Telefonate, Mails, SMS, I don’t know how they do it.“

Plötzlich begann der Berliner Markt zu florieren

Als Beki Probst in den 80er Jahren den kleinen Filmmarkt übernahm, war das anders. Ein Paradies, sagt die Chefin. Sie fing – noch zu Westberliner Zeiten – mit vier Mitarbeiterinnen an. „Es war es eine harte Schule. Ich hatte keine Ahnung, wie man das macht. Ich las nächtelang die alte Korrespondenz, um zu verstehen, wie das Geschäft funktioniert.“ Sie verstand es offensichtlich. Mit dem Umzug an den Potsdamer Platz – und vor allem mit der Verlegung des American Film Market aufs Jahresende – begann der Berliner Markt zu florieren. Als Festivalchef Dieter Kosslick dann die freche Idee hatte, die Messe in ein Museum zu verlegen, das zwar schlechtes Internet, dafür aber eine super Atmosphäre hat, schwärmten alle.

Das passte zum Image vom coolen Berlin, das sich in dieser Zeit international entwickelte. Auch wenn es eigentlich ums Business geht. „Die Leute sind etwas anders geworden, weniger Kino-Lover, mehr Business.“ Manche Geschäfte wurden beim Abendessen auf dem Tischtuch unterschrieben. Heute wird gemeetet, gepitcht, gesignt. Die Zeiten seien schnell, sagt Beki Probst. „Früher haben die Leute mehr vom Leben gehabt. Sie gingen in Berlin auch mal ins Theater, ins Museum, aßen ein original Eisbein. Heute ist das nicht mehr möglich. Das macht uns ärmer.“

Probst ist ein Kinomanin, geboren in Istanbul

Während Beki Probst so von den alten und den neuen Zeiten spricht – und ihre Erzählung mit unzähligen Namen aus Cannes, Locarno, Sundance und Venedig spickt – da versteht man, dass sie die denkbar beste Besetzung war, um aus einer piefigen Westberliner Messe ein weltläufiges Business zu machen. Probst ist Kosmopolitin. Und sie ist Kinomanin. Geboren wurde sie – irgendwann vor mehr als 70 Jahren – als Tochter einer Familie sephardischer Juden in Istanbul. „Meine Eltern waren durch ein Dekret von Atatürk gezwungen, in Troja alles hinter sich zu lassen und nach Istanbul zu ziehen. Sie kamen dort an mit nichts und zwei kleinen Kindern. Und dann kündigte ich mich an.“

Es waren harte Zeiten. Aber fürs Kino reichte es immer – und für eine gute Erziehung. Probst besuchte eine französische Schule, studierte Jura und begann als People-Reporterin einer türkischen Zeitung zu arbeiten. Es blieb nicht bei den Leute-Geschichten aus dem einzigen internationalen Hotel Istanbuls. Probst wurde nach Cannes geschickt – und fand dort Anfang der 60er Jahre ein Journalistenparadies. Ganz nah kam sie an die Prominenten ran. „Es war kein Problem, mit Leuten wie Sophia Loren oder Elizabeth Taylor zu sprechen.“ Letzterer lieh sie mal auf der Toilette eine Sicherheitsnadel, weil der Träger ihres BH sich verabschiedet hatte. „So eine Sicherheitsnadel, die hilft“, sagt Beki Probst und lächelt wissend. Denn damals begann sie, ihr soziales Netz in der Filmwelt zu weben. Und davon profitiert der Filmmarket bis heute.

An der Kasse fing alles an

In Cannes lernte die junge Journalistin auch ihren späteren Mann kennen, einen Schweizer, dessen Familie ein kleines Kinoimperium besaß. Und gerade zu der Zeit verlor, als die junge Beki Istanbul verließ, um ihre Liebe zu heiraten. So kam sie in Bern an, in der neuen Familie, die gerade mal ein einziges Kino hatte retten können. „Ich war an der Kasse, meine Schwiegermutter putzte das Kino, und mein Mann stand im Vorführraum.“ Die junge Frau schlug sich durch: „2,95 war das Erste, was ich auf Deutsch sagen konnte. So viel kostete damals eine Kinokarte.“

So sah die Filmleidenschaft in klein aus – und von da schaffte es Beki Probst in die Welt der Festivals. 1985 initiierte sie für die Filmfestspiele in Locarno die Trade Show und war bis 1995 Mitglied der Auswahlkommission. Sie hatte lange Jahre die Künstlerische Leitung des Genfer Festivals Stars de Demain, saß in den Jurys von Toronto, Jerusalem und San Sebastian und wählt auch für die Berlinale Filme aus.

Und selbst wenn Beki Probst – wie inzwischen sechs Monate im Jahr – in ihrem Hotelzimmer in Berlin lebt, ist sie jeden Montagmorgen mit Kopf und Seele in Bern. Dann nämlich programmiert sie die Woche für ihre Schweizer Kinokette. Das ist ein kniffliger Job. Wenn auch nicht ganz so knifflig wie das Programmschema für den Filmmarket. „Das ist mein Sudoku“, sagt Beki Probst. „Das Adrenalin bewirkt, dass ich mein Alter nicht realisiere.“ Wer Beki Probst trifft, versteht: Altern ist nicht mehr als eine Nebensächlichkeit.