Das Todesurteil gegen einen Deutschen in Belarus ist laut Staatsmedien in Minsk angeblich bereits in Kraft. Lässt sich die Bundesregierung auf Verhandlungen ein, um den Verurteilten zu retten?
– Mehrere Menschenrechtsorganisationen haben die Behörden in Belarus (früher Weißrussland) aufgerufen, die Hinrichtung eines zum Tode verurteilten Deutschen zu stoppen. Das Todesurteil sei besonders alarmierend, weil es vor belarussischen Gerichten zahlreiche und systematische Verstöße gegen das Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren und einen fairen Prozess gebe, teilte die Nichregierungsorganisation Libereco in Berlin mit. Der Deutsche wurde nach Angaben des Außenministeriums in Minsk wegen Terrorismus und Söldnertums verurteilt. Das Urteil ist laut Staatsmedien in Minsk bereits rechtskräftig, weil kein Einspruch eingelegt worden sei.
Zu den Unterzeichnern des Appells gehören auch belarussische Organisationen, die im Exil im Ausland arbeiten, darunter die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Gruppe Wjasna. Sie begleitet das Schicksal des Deutschen seit Tagen. Der Anwalt des Verurteilten, Wladimir Gorbatsch, sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass er sich auf Wunsch seines Mandanten nicht öffentlich zum Fall äußern dürfe.
Dem früheren Rettungshelfer des Deutschen Roten Kreuzes seien Söldnertum, Spionage, Terrorismus, Gründung einer extremistischen Vereinigung, Zerstörung eines Verkehrsobjekts sowie illegaler Umgang mit Waffen, Sprengstoff und Munition vorgeworfen worden, berichtete Wjasna.
Der Verurteilte wird konsularisch betreut
Der belarussische Bürgerrechtler Andrej Paluda von der Initiative „Menschenrechtler gegen die Todesstrafe in Belarus“ sagte, Machthaber Alexander Lukaschenko habe die Möglichkeit, den Mann zu begnadigen. Beobachter erwarten aber, dass der vom Westen mit Sanktionen belegte „letzte Diktator Europas“ den Verurteilten nicht ohne Gegenleistung freikommen lässt. Lukaschenko steht wegen Menschenrechtsverbrechen und seiner Unterstützung für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine international in der Kritik.
Das Außenministerium in Minsk hatte mitgeteilt, Berlin Vorschläge zur Lösung der Situation gemacht zu haben. Details zu dem Verhandlungsangebot gab es nicht. Das Auswärtige Amt äußerte sich nicht, es teilte nur mit, dass die Todesstrafe verurteilt werde. Der Verurteilte wird dem Vernehmen nach konsularisch betreut.
Der im Exil in Polen lebende Oppositionelle Pawel Latuschko sagte, der Apparat von Lukaschenko versuche Deutschland zu erpressen. Er gehe davon aus, dass Lukaschenko im Auftrag von Kremlchef Wladimir Putin die Todesstrafe verhängen ließ. Ziel sei, einen in Berlin wegen Mordes im Berliner Tiergarten verurteilten Russen in einem Gefangenenaustausch freizupressen, meinte der frühere Kulturminister in einer Videobotschaft. Er warnte davor, mit Lukaschenko zu verhandeln. „Er ist ein Terrorist“, sagte er. Lukaschenko kenne keine roten Linien mehr.