Nirgendwo ist das Problem mit der Stickstoffdioxid-Belastung so groß wie in Baden-Württemberg. Daran können auch die Erfolgsmeldungen des Umweltbundesamtes nichts ändern. Was tut die Politik?

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Stuttgart - Die Luft in Baden-Württemberg wird besser, dennoch ist die Belastung mit Stickstoffdioxid im Südwesten offenbar ein besonders großes Problem. Wie das Umweltbundesamt mitteilte, haben im vergangenen Jahr 19 Städte im Südwesten den zulässigen Durchschnittsgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht eingehalten. Damit liegt deutschlandweit fast jede dritte Stadt mit Stickstoffdioxid-Problem in Baden-Württemberg. Nur aus Nordrhein-Westfalen wurden mehr Verstöße gemeldet.

 

Dennoch scheint sich der Trend zu niedereren Werten zu verstetigen. So hätten sechs Städte in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr erstmals die Grenzwerte eingehalten, erklärte das Umweltbundesamt. Darunter befänden sich Markgröningen, Freiberg am Neckar (beide Kreis Ludwigsburg) und Heidelberg. Die Anstrengungen hätten gefruchtet, allerdings seien bei ungünstigeren meteorologischen Verhältnissen auch zukünftig Grenzüberschreitungen nicht ausgeschlossen, sagte eine Sprecherin der Stadt Heidelberg. Deshalb setze man weiter auf Elektromobilität, den Ausbau des Nahverkehrs und einen gemeinsamen Masterplan mit den Nachbarn Ludwigshafen und Mannheim. Die Entwicklung zeige doch, „dass die Dinge veränderbar sind“, sagte der Freiberger Bürgermeister Dirk Schaible. Allerdings seien die Möglichkeiten einer Kommune bescheiden. „Wir haben gewiss von der Ausweisung einer Umweltzone profitiert.“

Zahl der Überschreitungen ist gesunken

Auch das Umweltbundesamt sprach von Erfolgen. So sank die Zahl der Städte mit Grenzwertüberschreitungen bundesweit von 90 auf 66. Zugleich seien immer noch viele Einwohner zu viel gesundheitsschädlichem Stickstoffdioxid ausgesetzt. „Schuld sind vor allem die Diesel-Autos mit hohen Realemissionen, die oft erst in den vergangenen Jahren zugelassen wurden“, sagte die Präsidentin des Bundesamtes, Maria Krautzberger. Software-Updates und Umtauschprämien seien zu wenig. Nach Berechnungen ihrer Behörde brächten beide Maßnahmen lediglich eine Verbesserung zwischen zwei und fünf Mikrogramm.

An vielen Messstellen, gerade in Baden-Württemberg, reicht das nicht aus. Allein unter den zehn am stärksten belasteten Kommunen befinden sich mit Stuttgart, Reutlingen, Heilbronn und Ludwigsburg vier aus dem Südwesten. In allen Vieren lag der Jahresmittelwert 2017 bei mehr als 50 Mikrogramm, am Stuttgarter Neckartor erreichte er sogar 73 Mikrogramm. Immerhin wird die Tabelle erstmals seit dem Beginn der bundesweiten Messungen im Jahr 2005 nicht von Stuttgart angeführt.

In der Region Stuttgart sind viele Kommunen betroffen

Wie Anfang Januar bekannt wurde, rutschte die Landeshauptstadt hinter München auf Platz zwei. Grund war ein kräftiger Rückgang um neun Mikrogramm. Auch in allen anderen Städten gestalteten sich die Werte günstiger. Eine Ausnahme bildet Freiburg, wo aber die Vergleichswerte des Jahres 2016 durch den Ausfall einer Messstation nicht korrekt waren. Doch weiterhin sind in der Region Stuttgart auch viele kleine und mittelgroße Städte von den Grenzwertüberschreitungen betroffen. So werden Backnang, Marbach, Esslingen, Leonberg, Herrenberg, Leinfelden-Echterdingen, Pleidelsheim und Kuchen nach wie vor in der Liste geführt. Das Regierungspräsidium habe immer noch nicht den vorgeschriebenen Luftreinhalteplan für seine Stadt vorgelegt, klagte der Marbacher Bürgermeister Jan Trost (parteilos). Ohne die Aufstellung von Pförtnerampeln , den Ausbau von Knotenpunkten und die Einrichtung weiterer Umweltzonen sei kaum mit einer Verbesserung zu rechnen.

Der Landesverkehrsminister zeigte sich mit der Entwicklung hingegen zufrieden. Die ergriffenen Maßnahmen begännen zu fruchten, sagte Winfried Hermann (Grüne). Über alle Messstellen ergebe sich ein Rückgang der Belastung von bis zu elf Prozent. Beim Feinstaub sei es mittlerweile dank der grünen Plakette gelungen, überall außer in Stuttgart die Grenzwerte einzuhalten. „Mit der blauen Plakette werden wir das auch bei den Stickoxiden schaffen.“