Ist die Landwirtschaft gar nicht die Hauptursache der Überdüngung von Flüssen? Die Politik tut gut daran, Zweifel von Wissenschaftlern daran ernst zu nehmen, kommentiert StZ-Autor Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Man kann es dem Bauernverband nicht verdenken, dass er sich von den neuen Erkenntnissen aus Hessen sichtlich angetan zeigt. Der Anteil der Landwirtschaft an der Phosphorbelastung von Gewässern ist ungleich geringer als bisher angenommen – so etwas hört eine Lobbyorganisation natürlich gerne. Bei Umweltproblemen, folgert sie freudig, dürfe man eben nicht reflexartig den Nährstand ins Visier nehmen. Grundsätzlich exkulpiert sind die Bauern durch die Befunde der Wiesbadener Experten natürlich nicht – beim Eintrag von Nitrat ins Grundwasser etwa bleiben sie völlig zu Recht im Blick der Politik.

 

Wird an der richtigen Stelle angesetzt?

Doch beim Kampf gegen das Phosphor-Problem sollten Bund und Länder genau prüfen, ob sie eigentlich an der richtigen Stelle ansetzen. Lohnt es sich, die Landwirte mit weiteren Restriktionen zu überziehen? Oder wäre es nicht wirkungsvoller, schärfere Auflagen für die Einleitungen aus den Kläranlagen zu erlassen? Das gehört schon im Interesse eines effizienten Vorgehens gründlich untersucht. Schließlich sollen nicht die Falschen belastet und die Richtigen entlastet werden. Auch die Fachleute in Bund und Ländern sollten in diesem Sinne offen sein. Es mag ihnen ja schwer fallen, eine vermeintlich bewährte Methode zur Ermittlung der Phosphor-Quellen in Frage zu stellen. Aber am Ende geht es darum, ob der Staat seine Mühe und sein Geld an der richtigen Stelle einsetzt.