Neue Erkenntnisse aus Hessen, nach denen Phosphor in Flüssen vor allem aus Kläranlagen kommt, sollen auch im Südwesten Folgen haben. Das fordern Umweltschützer und die Landtags-SPD.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Landesregierung soll Konsequenzen aus neuen Erkenntnissen ziehen, nach denen die Phosphorbelastung in den Flüssen weitaus stärker aus Kläranlagen stammt als bisher angenommen. Mit dieser Forderung haben der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Landtags-Opposition auf einen Bericht unserer Zeitung reagiert. Auch bundesweit fanden die jenseits von Fachkreisen kaum bekannten Ergebnisse der hessischen Umweltbehörde, nach denen der Anteil der Landwirtschaft bisher überschätzt wurde, breite Beachtung. Die Experten in Wiesbaden stützen sich nicht auf Modellrechnungen wie in Baden-Württemberg, sondern auf Messungen.

 

Die BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender forderte das Land auf, schnell und wirksam zu handeln. Baden-Württemberg habe „viel zu lange die Augen davor verschlossen“, dass Kläranlagen Hauptverursacher von Phosphor in Seen und Flüssen seien. Dies müsse als „dringendes Problem“ erkannt werden, damit die Ziele des europäischen Wasserschutzes erreicht würden.

Hessen als Vorbild für das Land?

„Noch heute setzt die grün-schwarze Regierung einseitig auf die Landwirtschaft als Hauptverursacher“, rügte Dahlbender. Die Überdüngung durch die Bauern sei zwar ein zentrales Problem für die Gewässer, das das Land mit den „Gewässerrandstreifen“ bereits erfolgreich angehe. Doch das hessische Umweltministerium sei schon in einem Bewirtschaftungsplan für die Jahre 2015 bis 2021 zu dem Ergebnis gekommen, dass 65 Prozent der Phosphorbelastung aus Kläranlagen stamme. Maßnahmen dagegen zeigten bereits erste Erfolge. Auch der Südwesten müsse entsprechende Vorgaben machen und mit den Kommunen dafür sorgen, dass die Abwasserreinigung optimiert werde. Dabei könne das Land von sich selbst lernen: Am Bodensee sei durch effektive Nachrüstung die Phosphorbelastung deutlich gesenkt worden.

Die Freiburger SPD-Landtagsabgeordnet Gabi Rolland zeigte sich erfreut, dass „nun endlich Bewegung“ in die Untersuchung komme, woher die Phosphorbelastung stamme. Rolland hatte das Thema bereits vor einem Jahr in einer Landtagsanfrage aufgegriffen. Die damalige Antwort der Regierung nannte sie „unerfreulich und unbefriedigend, weil es an belastbaren Daten und Erkenntnissen zu den Eintragspfaden fehlt“. Dennoch habe das Land lange einseitig an den Modellrechnungen festgehalten. Nun gelte es, den „neuen methodischen Ansatz“ aus Hessen zu berücksichtigen, forderte die SPD-Frau. Die FDP verlangte per Landtagsantrag Auskunft über den Umgang mit den Daten zum Phosphor-Eintrag. Die Abgeordnete Gabriele Reich-Gutjahr betonte, das Land müsse sich für neue Erkenntnisse offen zeigen.