Die britische Serie „Sherlock“ hat den Schauspieler Benedict Cumberbatch zum Star gemacht. Im gerade angelaufenen zweiten Teil der „Hobbit“-Trilogie von Peter Jackson spielt der Brite den Drachen Smaug – mit vollem Körpereinsatz.

Stuttgart - Mangelnde Wandlungsfähigkeit kann man Benedict Cumberbatch gewiss nicht vorwerfen. Berühmt wurde der Schauspieler als Sherlock Holmes. Davor war er im britischen Fernsehen in den Rollen des Malers Vincent van Gogh und des Physikers Stephen Hawking zu sehen. Im Londoner Royal National Theatre stand er als Frankenstein auf der Bühne. Im Oktober kam der Film „Inside Wikileaks“ in die Kinos, in dem Cumberbatch Julian Assange, den Gründer der Enthüllungsplattform, spielt – die eigentlich dunkelbraunen Haare hellblond gefärbt. Davor hatte er mehrere Anzuggrößen an Gewicht zugelegt, um den Bösewicht Khan in dem Science-Fiction-Film „Star Trek into Darkness“ darzustellen.

 

Ganz schön vielseitig also, dieser Mann. Sein Theaterdebüt soll Cumberbatch übrigens mit zwölf Jahren als Elfenkönigin Titania in Shakespeares „Sommernachtstraum“ gegeben haben. So ist es kaum verwunderlich, dass er jetzt auch noch einen Drachen spielt. Allerdings nicht irgendeinen, sondern den – neben dem Lindwurm aus dem Nibelungenlied – wohl berühmtesten Drachen der Fantasyliteratur: Smaug, das Ungetüm, das im Zentrum von J. R. R. Tolkiens Geschichte „Der kleine Hobbit“ steht. Der zweite Teil von Peter Jacksons Verfilmung des Märchens ist seit Donnerstag im Kino zu sehen.

Er leiht dem Drachen nicht nur die Stimme

Im Mittelstück der Trilogie erreicht die Gruppe um den Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman) und den Zwergenkönig Thorin Eisenschild (Richard Armitage) endlich den Einsamen Berg. In dessen Innerem kommt es zum Showdown zwischen Bilbo und Smaug – in der mit Abstand imposantesten Schatzkammer der Kinogeschichte treffen so Sherlock Holmes und Dr. Watson, den Freeman in der BBC-Fernsehserie spielt, wieder aufeinander. Cumberbatch hat dabei relativ viel Text zu sprechen, weil sich bei dem Drachen nach Jahrzehnten der Einsamkeit ganz offensichtlich einiges an Redebedarf angestaut hat. Allerdings ist die Stimme des Drachens dermaßen mit Effekten bearbeitet worden, dass man auch in der Originalfassung den Briten nur mit Mühe erkennt.

Cumberbatchs Mimik ist die Vorlage für Smaugs Animation. Foto: Warner Bros
Dafür leiht Cumberbatch Smaug nicht nur seine Stimme, sondern spielt das ansonsten vollständig am Computer animierte Fabelwesen mit vollem Körpereinsatz. Mittels Motion Capturing wurde die Mimik des 37-Jährigen erfasst, der dafür einsam im Studio auf einer Matratze herumturnte. Die Aufnahmen dienten als Vorbild für die Animation des Drachens. Das technische Verfahren wird auch bei der Produktion von Computerspielen verwendet, etwa um die Bewegungsabläufe von Fußballern realistischer zu gestalten.

Kommt jetzt „Krieg der Sterne“?

Besonders leicht ging dem Briten die Darstellung des Drachens allerdings nicht von der Hand. „Smaug hat einen sehr, sehr langen Schwanz, was ich ja ganz offensichtlich nicht nachahmen kann“, sagt der Schauspieler. „Ich habe meine Beine zusammengeklemmt und bin auf den Händen herumgekrochen, um eine Vorstellung von der schlangenartigen Natur dieses Wesens und seinen Bewegungsabläufen zu bekommen.“ Zumindest in den Augen des Mimen hat sich der Aufwand aber gelohnt. „Das Ergebnis hat mich wirklich umgehauen“, meinte Cumberbatch nach der Premiere des Films in Hollywood in der vergangenen Woche. Er habe seine Mimik in der animierten Figur wiedererkannt. „Ich wollte Smaug menschliche Züge verleihen – und das hat funktioniert.“

Ob es dafür aber wirklich nötig war, einen der derzeit gefragtesten Schauspieler zu engagieren – geschenkt. Zumindest garantiert Cumberbatchs Mitwirken dem Film zusätzliche Publicity. Immerhin rangiert der in London geborene Mime, der im Oktober das Cover des „Time“-Magazins zierte, inzwischen in der Liga der Topstars. Seit seinem Durchbruch 2010, als er in die Titelrolle der BBC-Serie „Sherlock“ schlüpfte, ging es für Cumberbatch kontinuierlich aufwärts. Steven Spielberg adelte ihn damals zu dem besten Holmes, der je auf einer Leinwand zu sehen war. Cumberbatch interpretierte den legendären Kriminologen nicht als Gentlemen, sondern als exzentrischen und hyperaktiven Snob – kein Typ, mit dem man gerne mal ein Bier trinken gehen würde.

Plötzlich Sexsymbol

Trotzdem katapultierte die Rolle Cumberbatch ganz nach oben – und machte ihn zu einem Sexsymbol. Zweimal hintereinander wählten ihn die Leser der englischen Boulevardzeitung „Sun“ zum „sexiest Man alive“. „Cumberbitches“ nennen sich seine zahllosen weiblichen Fans in Großbritannien – eine Selbsttitulierung, die die Errungenschaften des Feminismus, wie der Schauspieler einmal schmunzelnd bemerkte, „um ein paar Jahre zurückwirft“.

Wer so begehrt ist, dessen Privatleben steht fast zwangsläufig im Fokus der Boulevardblätter. Zumal Cumberbatch derzeit Single ist, nachdem seine zwölfjährige Beziehung mit der Schauspielerin Olivia Poulet 2011 in die Brüche gegangen war. Schlagzeilen machten etwa Gerüchte darüber, dass er in Wahrheit schwul und in Matt Damon verknallt sei – dabei hatte er in einem Telefoninterview nur gesagt, dass er seinen US-Kollegen gerne einmal persönlich kennenlernen würde.

Apropos Gerüchte: immer wieder heißt es, dass Cumberbatch eine Hauptrolle in J. J. Abrams’ neuem „Krieg der Sterne“-Film übernehmen soll. Immerhin kennen sich die beiden von den Dreharbeiten zu „Star Trek into Darkness“. „Natürlich würde ich liebend gerne am neuem ‚Krieg der Sterne’-Film mitwirken und wieder mit J. J. Abrams arbeiten. Allerdings wurde bisher noch niemand gecastet“, sagt Cumberbatch. Turnte der vielseitige Brite aber bald in der Weltraumoper über die Leinwand, würde das nicht überraschen. Schließlich fehlt die Rolle eines Jedi-Ritters noch im Werkportfolio des Schauspielers.