Die Stuttgarter Band Empowerment schreit auf ihrem neuen Album nach einer besseren Welt. Es ist ein Soundtrack zur Zeit. Bei der Plattentaufe im Goldmarks zeigt sich, wie viel Dampf im Kessel ist. 

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Hardcore ist eine der Szenen, die an dieser Stelle nur selten Niederschlag finden: eine irgendwie ausdefinierte Subkultur, wilde Konzerte, böse Typen, die aber eigentlich ganz lieb sind und knallige Gitarrenmusik machen. Aber es gibt Ausnahmen, auf die sich alle einigen können, auch wenn sie nicht ständig im Juha West oder anderen Moshpits ihre Abende verbringen. Empowerment aus Stuttgart sind so eine Band. Das Konzert zur Plattentaufe am 2. Oktober im Goldmarks hat es gezeigt. 

 

Ausgerechnet die Nacht haben sie sich dafür ausgesucht, die in den Tag der Deutschen Einheit mündet. Deutschland streitet mal wieder über seine Identität, und mal wieder ist es eine Frage von Links oder Rechts. Empowerment stehen links, und zwar am Rand. "Der nationale Stolz, er macht euch krank und blind", ruft die Band gleich im ersten Song ihres neuen Albumn "Bengalo" den Rechten zu, die sie doch nicht hören werden. An alle anderen gerichtet heißt es: "Beug dich nicht". Und im zweiten Song: "Versuche stets 'n guter Mensch zu sein": eine goldene Regel, vorgetragen mit gepresstem Gebrüll über Sägezahngitarren. 

Das Publikum im Goldmark's hat die Texte der neuen Songs präsent, schließlich erschien das Album schon im September (End Hits Records). Und doch ist es eine gute Idee, die Platte und den Auftritt zusammenzudenken. Der Bühnenrand ist als Grenze zwischen Band und Publikum irgendwann nicht mehr wahrnehmbar. Der Sound pendelt zwischen klassischem Hardcore, Nu Metal, Gitarrensolo und schierer, geschrieener Wut über eine wieder mal aus den Fugen geratene Welt, verbunden immer wieder mit dem simplen Wunsch nach mehr Menschlichkeit. Auch deshalb ist dieses Album für Menschen zugänglich, die sonst eher nicht Hardcore hören.

Vielleicht liegt es daran, dass sich in weiten Teilen der Gesellschaft etwas aufstaut, dass zwischen dem, wie wir leben wollen und dem, was andere uns aufzwingen, sich ein Graben auftut. Noch wird dieser Dampf in den Konzertsälen abgelassen. Gut so. Aber der Druck im Kessel steigt. Bands wie Empowerment bilden das ab. "Bengalo" ist auch ein Soundtrack zur Zeit.


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