Für Proteinshakes und Vitaminpillen hat der Experte und Autor Wolfgang Friedrich wenig übrig. Im Interview verrät er neue Erkenntnisse zur Sporternährung – und räumt mit Mythen auf.
Wolfgang Friedrich war Tischtennis-Bundesligaspieler, hat tausende Trainer ausgebildet und als Experte für Ernährungsfragen Weltmeister, Olympiamedaillen-Gewinner und Stars wie Motsi Mabuse von der TV-Tanzshow „Let’s dance“ beraten. Am Freitag, 17. Oktober, hält er um 19 Uhr beim VfL Waiblingen einen Vortrag darüber, wie Sportler dank passender Ernährung ihr Training effektiver machen können.
Herr Friedrich, wie kamen Sie auf das Thema Sport und Ernährung?
Ich beschäftige mich schon seit 45 Jahren damit. Ich habe Sportwissenschaften studiert, und ein Professor hat mich während des Studiums für das Thema „angezündet“. Seither begleitet es mich und ich habe zum Thema: „Wie sinnvoll sind Sportgetränke?“ promoviert.
Da sind wir gleich mittendrin. Welches Sportgetränk empfehlen Sie?
Mineralwasser ist das beste Sportgetränk. Energydrinks sind hingegen keines. Ebenso wenig Cola, denn das hat viel zu viel Zucker und über das Koffein wird Flüssigkeit aus dem Körper transportiert. Apfelschorle sollte man erst nach dem Training trinken, denn Apfelsaft ist ein uraltes Mittel gegen Verstopfung.
Wie sieht es mit einem kühlen Radler oder Bier nach dem Sport aus?
Alkohol macht den Trainingseffekt wieder kaputt. Er sollte nach dem Training an 25. Stelle stehen. Ich habe mich schon unbeliebt gemacht, als ich kritisiert habe, dass bei manchen Sportarten die „grüne Sporttasche“ – sprich: ein Bierkasten – in der Kabine steht.
Welche Rolle spielt die Ernährung für sportliche Erfolge?
Laut einer Studie der Uni Köln gibt es drei Dinge, welche die sportliche Leistung beeinflussen: die Genetik, das Training und die Ernährung. An der Genetik kann man wenig drehen, beim Training geht es schrittweise vorwärts. In der Ernährung liegt also viel Potenzial. Dabei muss die Ernährung auf die jeweilige Sportart bezogen sein, denn es macht einen Unterschied, ob jemand Tischtennis spielt oder Basketball. Trotzdem haben viele in diesem Bereich wenig Ahnung, auch bei den Profis. Wobei das Niveau besser geworden ist. Jürgen Klopp zum Beispiel hat die Ernährungsberaterin Mona Nemmer zum FC Liverpool mitgenommen. Der hat es voll und ganz verstanden.
Was halten Sie von Eiweißdrinks?
Eiweiß wird ja seit einiger Zeit sehr gehypt. Gerade bei jungen Männern liegt es für den Muskelaufbau voll im Trend. Aber letzten Endes machen diese Shakes nur die reich, die sie herstellen. Wer sich ausgewogen ernährt, braucht keine Eiweißshakes.
Was empfehlen Sie stattdessen?
Joghurt oder Quark sind kostengünstige Alternativen. In 500 Gramm Quark stecken 70 Gramm Eiweiß. Eiweißdrinks für alle – das ist schlichtweg Blödsinn und kann sogar negative Folgen haben.
Inwiefern?
Zu viel Proteinpulver erhöht das Risiko einer Muskelverletzung. Es führt nämlich zu Problemen im Magnesium- und Calciumhaushalt und macht die Muskeln hart. Dadurch steigt die Gefahr, vor allem in Spielsportarten, sich zu verletzen.
Für wen kommen diese Drinks überhaupt in Frage?
Proteinshakes sind nur für richtige Kraftsportler empfehlenswert.
Was halten Sie von Nahrungsergänzungsmitteln?
Wer versteht, wie Ernährung funktioniert, kann vollkommen darauf verzichten. In der Nahrung sind genug Vitamine und Mineralstoffe drin. Ich finde es schwierig, wenn berühmte Sportler für Nahrungsergänzungsmittel werben. Das ist in meinen Augen unseriös, denn bei diesen Präparaten ist äußerste Vorsicht angebracht. Natürlich ist das verlockend, aber Nahrungsergänzungsmittel können in den wenigsten Fällen fehlendes Training ausgleichen. Sie sind auch im Spitzensport nicht nötig. Die Milliardenumsätze werden in diesem Bereich aber nicht mit Profisportlern, sondern mit Freizeitsportlern erzielt. Es gibt einige Läufer und Radler, die sich das reinpfeifen.
Welche Snacks eignen sich beim Sport zwischendurch zum Energie tanken?
Eine Banane oder Fruchtschnitten, denn die haben einen geringen Fettgehalt. Nüsse sind okay, aber bitte nur eine Handvoll. Besser ist Studentenfutter. Profiradler essen oft Baguette mit Frischkäse und Honig. Bei Belastung sind Brötchen aus hellem Mehl besser als aus Vollkorn, welches sonst eine große Rolle spielen sollte. Denn beim Wettkampf braucht man Nahrung, die schnell Energie liefert. Man kann auch ein Stück Rührkuchen essen. Mein Geheimtipp schlechthin sind Reiswaffeln.
Was empfiehlt sich nach dem Training oder einem Wettkampf?
Wenn die Regenerationsphase beginnt, ist Ernährung von enormer Wichtigkeit. Da sollte man kohlenhydrat- und proteinhaltiges Essen und Trinken zu sich nehmen, denn das unterstützt die Eiweißbildung für den Muskelaufbau. Zum Beispiel Haferflocken mit Honig und Obst oder Brot mit fettarmem Belag wie Truthahnschinken. Falsch ist es, nach dem Training Alkohol zu trinken. Hochmineralisiertes Mineralwasser ist die beste Alternative.
Welche Mythen zum Themen Ernährung begegnen Ihnen häufig?
Zum Beispiel die Devise „viel Protein hilft viel“. Das ist Blödsinn. Aber auch der Mythos, dass man bei Krämpfen immer Magnesium einnehmen sollte. Krämpfe können auch neuronal verursacht werden. Daher ist es besser, täglich die Muskulatur zu dehnen, denn das senkt die Krampfneigung. Und man sollte aufpassen, dass man nicht zu viel Kaffee und schwarzen Tee trinkt. Dass man durch glutenfreie Ernährung ein besserer Sportler wird, ist auch ein Irrtum. Glutenfreie Ernährung ist nur etwas für Menschen, die an Zöliakie leiden.
Wie sollte die Ernährung von Sportlern im Alltagsleben aussehen?
Mineralreich, vitaminreich, vollwertig. Mit Süßigkeiten sollte man vorsichtig sein und um Alkohol einen größeren Bogen machen. Vegetarische Ernährung ist super und für Sportler bis in die höchsten Stufen des Leistungssports empfehlenswert. Bei veganer Ernährung wird es schwieriger, da muss man sich schon einlesen, um das Risiko einer Mangelernährung auszuschalten. Bei glutenfreier Ernährung steht für mich die Ampel auf Rot, ganz besonders, wenn Kinder betroffen sind. Das darf man Kindern nicht antun.
Was raten Sie ambitionierten Sportlerinnen und Sportlern?
Bitte nicht die Ernährung zu einer Religion machen, denn das kann in 20 Prozent der Fälle auch tödlich enden. Es ist ein schmaler Grat, die Sache kann ruckzuck kippen und es gibt viele Sportlerinnen und Sportler mit Essstörungen. Das ist der Sport nicht wert. Ich habe im Lauf der Jahrzehnte tausende Trainerinnen und Trainer ausgebildet. Es ist wichtig, dass sie sich mit flapsigen Bemerkungen zurückhalten. Ein Satz kann genügen, dass ein junger Mensch in eine Richtung driftet, die man gar nicht haben möchte.
Und welchen Ernährungstipp möchten Sie jedermann für den Alltag mitgeben?
Wenn man genug Wasser im Körper hat, ist der Cortisolspiegel niedriger und der Mensch leidet weniger an Stress. Wenn Sie also zum Beispiel eine Rede halten müssen oder ein wichtiges Gespräch haben, sollten Sie genügend trinken, denn dann ist Ihr Stresslevel niedriger.
Vortrag in Waiblingen
Termin
Am Freitag, 17. Oktober, ist der Buchautor und Ernährungsexperte Wolfgang Friedrich von 19 Uhr an im Sportstudio des VfL Waiblingen zu Gast und spricht über „Ernährung und Gesundheitssport“. Die Teilnahme kostet fünf Euro, während des Vortrags gibt es „Probierhäppchen“. Anmeldung auf der Internetseite des Vereins unter www.vfl-waiblingen.de. Sein Buch „Optimale Sporternährung“ vermittelt Grundlagen und gibt Tipps für zwölf Sportarten. Es kostet 44,90 Euro, ISBN 978-3-96416-098-0.