Angehörige und Freunde reagieren oft ratlos, wenn ihnen nahestehende Menschen ins Milieu der Verschwörungsszene abtauchen. Eine Freiburger Beratungsstelle gibt wichtige Ratschläge.

Freiburg - Wenn Menschen abdriften, Zuflucht zu simplen Welterklärungen nehmen, Theorien aufgreifen, die Sündenböcke präsentieren und sich immer mehr in eine geschlossene Welt zurückziehen, ist das für Freunde und Angehörige eine schwierige Situation. Sie kann zu Überforderungen führen. Dann ist guter Rat wichtig. Die Freiburger „Zentrale Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen Baden-Württemberg“ ist genau dafür da. Der Trägerverein der Beratungsstelle wird vom Kultusministerium des Landes finanziert und beschäftigt vier Mitarbeiter. Leiterin ist die Diplom-Pädagogin Sarah Pohl.

 

Kein Weg ohne Wiederkehr

Es ist für Freunde und Nahestehende oft schwer zu entscheiden, wann tatsächlich Grund besteht, sich Sorgen zu machen. Sarah Pohl sagt, dass Achtung geboten ist, „wenn Menschen beginnen, sich abzuschotten, Kontakte abzubrechen“. Aber schon früher sollte man aufmerksam sein. „Wenn in Gesprächen immer häufiger Randgruppen diskriminiert werden und mit Fehlinformationen argumentiert wird“, könne eine Entwicklung eingesetzt haben hin zu verschwörungstheoretischen Mustern. Das müsse kein Weg ohne Wiederkehr sein, sagt Pohl. Die Szene sei „sehr durchlässig“.

Der Faktor Zeit spiele eine Rolle. Für manche beginne nach einer Weile der Begeisterung für einen Verschwörungsmythos auch wieder eine „Differenzierungsphase, in der neues Nachdenken einsetzt“. Deshalb sei es so wichtig, den Kontakt mit den Abdriftenden zu halten. Aus diesen Einsichten gewinnt Pohl vier Tipps im Umgang mit diesen Personen.

Verstehen statt Verurteilen

Erstens Verstehen statt Verurteilen – das ist der erste und oberste Grundsatz. Man solle zu ergründen versuchen, warum diese Flucht für den betroffenen Menschen jetzt sinnvoll erscheine, sagt Pohl. Hat er Angst, fühlt er sich überfordert, braucht er gerade besonders viel Sicherheit? Zweitens Augenhöhe und Respekt – das ist die zweite Maxime. Wer stigmatisierende und ausgrenzende Begriffe im Gespräch mit den betroffenen Personen nutze, mache die Kommunikation letztlich unmöglich, sagt Pohl.

Ergo: Wer sich nicht menschlich angenommen fühlt, macht dicht.

Mehr fragen als sagen – so lautet das dritte Prinzip. Das erhalte das Gefühl, akzeptiert zu sein und ermögliche im besten Fall einen Prozess des allmählichen Hinterfragens und Überdenkens der eigenen Standpunkte.

Den Kontakt nicht abbrechen lassen

In Kontakt bleiben – das ist der vierte und vielleicht grundlegendste Ratschlag. Es könne ein Weg sein, „zunächst die heiklen Themen in Gesprächen auszuklammern“, sagt Sarah Pohl. Auf jeden Fall sei es wertvoll, die Netzwerke und Verbindungen in Familie und Freundeskreise bestehen zu lassen, sonst werde das vollständige Abtauchen in die Welt der Verschwörungsmythen unfreiwillig beschleunigt.

Die Beratungsstelle ist unter der Telefonnummer 0761 488 982 97 zu erreichen.