Die Bergrennen auf der Neuffener Steige (Kreis Esslingen) waren legendär. 1983 wurden sie eingestellt. Doch die IG Bergpreis Schwäbische Alb belebt diese Tradition: An diesem Sonntag werden 100 historische Rennwagen erwartet.
Dröhnende Motoren, Benzingeruch in der Luft: Erinnerungen an alte Zeiten werden am Sonntag, 1. September, in Neuffen wach, wenn wieder Rennfahrzeuge die legendäre Bergstrecke befahren. 18 Kurven verteilen sich auf der 4,2 Kilometer langen Piste hinauf auf die Albhochfläche, 280 Höhenmeter sind dabei zu bewältigen. „Auf Höchstgeschwindigkeiten und Bestzeiten kommt es dabei jedoch nicht an“, betont Mitinitiator Gundbert Schall. Denn der Bergpreis Schwäbische Alb sei kein klassisches Rennen, sondern eine Präsentationsfahrt von historischen Boliden. „Der Reiz der Veranstaltung liegt in der Historie, die vielen noch gut in Erinnerung ist.“
Von 1964 an fanden auf der Neuffener Steige regelmäßig ADAC-Bergprüfungsfahrten statt. Die gesamte Innenstadt war damals das Fahrerlager: Jeder freie Platz, jede Garage wurde genutzt, um die Fahrzeuge zwischen den Wertungsläufen zu warten. In ihren Glanzzeiten zählte die Veranstaltung bis zu 30 000 Besucher und rund 500 Teilnehmer aus dem In- und Ausland. Ein schwerer Unfall besiegelte jedoch die Erfolgsgeschichte von „Klein-Solitude“, wie das Motorsportereignis in Anlehnung an die Stuttgarter Rennen genannt wurde: 1983 kam einer der Fahrer von der Strecke ab und erfasste ein Kind am Straßenrand, das auf dem Weg ins Krankenhaus starb.
Seit 2015 organisiert die von Motorsportenthusiasten ins Leben gerufene IG Bergpreis Schwäbische Alb Revivals der ehemaligen Bergrennen. Aus kleinen Anfängen sei inzwischen etwas Großes geworden, sagt Schall voller Stolz. Als im vergangenen Jahr erstmals wieder die Neuffener Steige befahren werden durfte, lockte dieses Ereignis rund 15 000 Zuschauer an. Mit einer ähnlichen Resonanz rechnet das 16-köpfige Organisationsteam auch an diesem Sonntag. Dafür hat man sich ins Zeug gelegt: „Wir wollen den Besuchern einen aufregenden Tag zwischen tollen Rennwagen und Rennfahrerlegenden bieten“, so Schall.
Vier Fahrerlager werden sich in der Neuffener Ortsmitte verteilen – offen und kostenfrei zugänglich für jedermann zum Besichtigen und Fachsimpeln mit Motorsportexperten. Viele Rennsportfans würden sie noch aus Kindheitstagen kennen, zählt Schall die Namen von Fahrerlegenden wie Helmut Henzler, Rudi Seher, Erwin Buck, Günther Steckkönig, Kurt Brixner, Clemens Schickentanz und Joachim Winkelhock auf.
Das Teilnehmerfeld ist jetzt komplett. „Es haben sich über 180 Fahrerinnen und Fahrer beworben“, freut sich Schall über die riesige Resonanz. Doch es hagelte auch Absagen: „Da maximal 100 Startplätze zur Verfügung stehen, musste eine Auswahl getroffen werden.“ Laut Schall hat man Fahrzeugen aus den Baujahren 1960 bis 1985 und mit Bezug zum Neuffener Bergrennen oder mit einer besonderen Motorsportvergangenheit den Vorrang gegeben. Dabei sein werden unter anderem ein Porsche 904, die „Rote Sau“ von Mercedes-Benz und ein Formel-3-Wagen, mit dem Michael Schumacher seine ersten Erfolge feierte.
Die Renn- und Sportwagen werden um 10 Uhr, 13.30 Uhr und 16 Uhr vor dem Rathaus starten und dabei von Rainer Klink vom Boxenstop-Museum Tübingen dem Publikum vorgestellt. Im moderaten Tempo geht es zunächst durch den Ort bis zum Parkplatz Sieben Linden, bevor die Fahrer im Konvoi – angeführt von Bürgermeister Matthias Bäcker im Pacecar – auf der Neuffener Steige leicht aufs Gaspedal drücken können. Der Zuschauerbereich am Wendepunkt beim Aussichtspunkt Brille zwischen Hülben und Grabenstetten wird großzügiger angelegt sein und die Ankunft der Fahrzeuge dort erstmals moderiert, informiert Schall über Neuerungen gegenüber dem Vorjahr.