Die Mitglieder des Alpenvereins Leonberg wissen, worauf es in großer Höhe ankommt.

Leonberg - Ostern 2012: Gisela Metzler war mit ihrem Mann Alexander im südlichen Ortlergebiet in Südtirol auf knapp 4000 Meter Höhe unterwegs. „Ich hatte schon vor dem Beginn des Ausflugs ein mulmiges Gefühl“, sagt die 55-Jährige, „weil ich zuvor wenig trainiert hatte.“ Dennoch zogen die beiden los und waren irgendwann die Letzten im Gipfelbereich. Am Anfang des Abstiegs passierte es dann. „Mein Mann war plötzlich weg“, erinnert sich Gisela Metzler, „ich sah ein Loch vor mir und wusste sofort, dass eine Gletscherspalte aufgegangen ist.“ Sie brüllte und schrie nach ihrem Gatten, Panik machte sich breit. „Aber ich hörte keine Reaktion und malte mir die schrecklichsten Szenarien aus.“ Dann aber sah sie einen Skistock. Kurze Zeit darauf eine Skispitze. „Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen“, sagt sie, „mein Mann hatte sich selbst befreit.“ Was für eine Erleichterung. Mit ein bisschen Pech hätte Alexander Metzler äußerst tief fallen und verletzt, ja sogar tot sein können.

 

Gisela Metzler ist Vorstandsmitglied des Alpenvereins Leonberg. „Bergsteigen ist wirklich gefährlich“, sagt sie, „teilweise auch leichtsinnig.“ Es sei nicht verwunderlich, dass Unfälle passieren. „Selbst die Besten haben keine hundertprozentige Sicherheit, egal wie groß die Sicherheitsvorkehrungen sind“, sagt sie mit Blick auf die tragischen Unglücke in den Schweizer Alpen und dem Montblanc Massiv in der vergangenen Woche. Nahe Chamonix hatte eine Lawine mindestens neun Menschen das Leben gekostet, 15 wurden verletzt. Am Lagginhorn-Gipfel, zehn Kilometer von der italienischen Grenze entfernt, verunglückten fünf Bergsteiger aus Berlin tödlich. Wenige Tage später erfroren zwei Alpinisten, die auf dem Weg zum Gipfel des Montblanc waren, in einem Sturm. In allen Fällen waren die Wetterbedingungen mit starkem Wind, Neuschnee und Nebel äußerst schwierig.

„Man muss beim Bergsteigen viele verschiedene Faktoren beachten, unter anderem die Zeit und das Wetter“, weiß Gisela Metzler. Das Vertrauen in sich und seine Kollegen sei unerlässlich. „Wichtig ist außerdem, dass man in kritischen Situationen Ruhe bewahrt.“ Verbissen mit aller Macht den Gipfel erreichen zu wollen sei verkehrt. „Bei teilweise fünfzehnstündigen Touren muss man seinen Körper genau kennen und im Zweifelsfall lieber auf Nummer sicher gehen“, so die 55-Jährige, die vor allem der Kick, die kniffligen Situationen und die Landschaften faszinieren.

Ganz so extrem muss es aber nicht für alle Mitglieder des Alpenvereins sein. Die seit 1996 bestehende Untergruppe des Deutschen Alpenvereins (Sektion Stuttgart) bietet ihren rund 60 aktiven Mitgliedern ein abwechslungsreiches Programm. Unter anderem gehören Rad- und Skitouren sowie Wanderungen dazu. Ebenfalls dazu gehört das jährliche Engelbergsteigen, bei dem sich rund 200 Teilnehmer vom Kindergartenalter an verschiedenen Übungen stellen. Höher hinaus geht es Ende Juli bei einer Klettersteige in den Dolomiten und einer Bergwanderung im Ötztal. Für die weitere Zukunft sind einige Familientouren geplant, um den hohen Altersdurchschnitt zu senken und neue Mitglieder zu gewinnen.

Mittwochnachmittags betreuen Studenten eine Klettergruppe in der Georgii-Halle, jeden zweiten Mittwoch des Monats halten geladene Gäste beim Gruppenabend im Glemshof Vorträge. Für die ambitionierten Mitglieder gibt es Eiskurse, bei denen ausgebildete Fachübungsleiter den Teilnehmern Schritt für Schritt die Techniken für eine Hochtour wie zum Beispiel das Sichern oder das Absteigen beibringen. „Das ist die Grundvoraussetzung, um fürs Bergsteigen gewappnet zu sein“, so Gisela Metzler. Danach gelte es, Erfahrungen zu sammeln. „Einen Berg erklimmen darf grundsätzlich jeder“, sagt sie, „wenn man aber nicht gut ausgebildet ist, wird es gefährlich.“

Ein Beispiel: Wenn Gisela Metzler gemeinsam mit einer Gruppe einen 4000er besteigen will, ist es nötig, je nach Trainingszustand mehrere Nächte in der Höhe zu schlafen. „Das ist wichtig, um sich zu akklimatisieren“, sagt sie. Los geht es dann meist morgens gegen drei Uhr mit Stirnlampe, Rucksack und einem GPS-Gerät oder manchmal auch klassisch mit Karte und Kompass in Richtung Gipfel. „Dann setzen wir regelmäßig Markierungen“, so Metzler, „und sind hoffentlich gegen Mittag, wenn die Gletscher anfangen weich zu werden und einzubrechen drohen, wieder in unserer Unterkunft.“