Die Stadt präsentiert erstmals seit 2008 wieder einen Bericht zum Wohnungsmarkt. Dieser weist Stuttgart unter anderem als Deutschlands Großstadt mit der geringsten Quote an Einfamilienhäusern aus – Grund ist die extrem dichte Besiedlung.

Stuttgart - Es sind 217 Seiten gefüllt mit Zahlen und Statistiken, die der Erste Bürgermeister Michael Föll und Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (beide CDU) am Freitag vorgelegt haben. Der Wohnungsmarktbericht 2012 weist Stuttgart unter anderem als die Großstadt in Deutschland mit der geringsten Quote an Einfamilienhäusern aus – Grund ist die extrem dichte Besiedlung. Trotz dessen steigt der Trend zu immer mehr Wohnfläche pro Einwohner weiter an.

 

„Der Bericht war die Grundlage für das Wohnkonzept von OB Fritz Kuhn, dass im Dezember bereits vorgestellt wurde“, so Föll. Man habe die objektiven Zahlen und die Interpretation der Fakten bewusst voneinander entkoppeln wollen, sagte er.

Im Bezug auf den Immobilienmarkt zeichnet der Be- richt das erwartete Bild. Die Angebotsmiete – netto und kalt – ist zwischen 2008 und 2012 im Schnitt von 8,75 Euro pro Quadratmeter auf 10,68 Euro gestiegen, der Angebotspreis beim Immobilienkauf stieg im selben Zeitraum von 2592 Euro pro Quadratmeter auf 3071 Euro. Und: „Langfristig rechnen wir mit Zuzug“, sagte Schairer. Eine detaillierte Prognose zur Bevölkerungsentwicklung hat die Verwaltung für die kommende Woche angekündigt. „Aktuell rechnen wir mit 586 000 Einwohnern“, so Föll am Freitag.

Geförderte Wohnungen sollen mehr werden

Mit der Bautätigkeit zeigte sich die Verwaltung zufrieden. 1317 Wohneinheiten wurden 2008 fertig gestellt, im Jahr 2012 waren es bereits 1881. „Trotzdem haben wir keinen vernünftigen Anteil geförderter Wohnungen hinbekommen“, sagte Föll. Dieser Bestand ist von 20 502 auf 18 945 gesunken. „Das Ziel des OB, 600 geförderte Wohnungen pro Jahr zu schaffen, ist sehr ambitioniert“, sagte Föll. Nach Einschätzung des Liegenschaftsamts wird die Zahl der Sozialwohnungen allen Anstrengungen zum Trotz in den kommenden Jahren (wie berichtet) weiter sinken.

Die Verwaltung geht davon aus, dass 1300 neue Wohnungen pro Jahr genügen, um die Versorgung von 580 000 Einwohnern zu sichern. Ziel ist, jährlich 1800 Wohnungen fertig zu stellen. „Dadurch erreichen wir sicher keinen Angebotsüberschuss“, erklärte Föll. „Wenn wir uns höhere Ziele setzen, müsste wir den Vorzug von Innenentwicklung vor Außenentwicklung aufgeben und auf der grünen Wiese bauen.“ Dann würden allerdings Konflikte mit dem Erhalt von Erholungsgebieten drohen.

Wenig Wohnungen sind energetisch saniert

Der Trend zu mehr Wohnfläche pro Einwohner ist ungebrochen. Betrug der Durchschnittswert 1970 noch 25 Quadratmeter pro Person, liegt dieser 2012 bei 41. „Das ist ein Ausfluss des Wohlstands der Stadt“, sagt Föll. Diesen Trend umzukehren ist Teil des Konzepts von Fritz Kuhn.

Bei den ökologischen Standards des Wohnungsbestands in der Landeshauptstadt sieht Bürgermeister Föll noch „erheblichen Nachholbedarf. Es ist eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre, einen zukunftsfähigen Bestand zu schaffen.“ Erst 13 Prozent der Gebäude, die vor 1998 gebaut wurden, seien umfassend energetisch saniert, knapp die Hälfte wurde zumindest teilweise saniert. „Um einen echten Anreiz zu schaffen, brauchen wir hier eine steuerliche Förderung. Doch die ist leider nicht in Sicht“, urteilte Föll.

Der Bericht zum Wohnungsmarkt beleuchtet auch die Bedürfnisse einzelner Einwohnergruppen. In Stuttgart leben 101 510 Menschen, die älter als 65 Jahre sind. 93 Prozent von ihnen wohnen in „normalen Wohnungen“, also nicht in Pflegeheimen. Bei den über 85-Jährigen liegt die Quote bei 75 Prozent. Die Hälfte der Senioren lebt im Eigentum, ein Viertel im eigenen Haus. Der Bestand ist allerdings auf eine älter werdende Bevölkerung nicht vorbereitet: nur zwei Prozent aller Wohnungen sind vollständig barrierefrei ausgebaut.