Bei der Beringung von Uhus und Wanderfalken am Albtrauf arbeiten Naturschützer und der Deutsche Alpenverein zusammen und beweisen, dass sich das Klettern durchaus mit den Interessen der Vogelschützer vereinbaren lässt.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Lenningen - Für den kleinen Uhu ist es die erste große Reise. Ronald Nordmann, ein erfahrener Kletterer des Landesverbands Baden-Württemberg des Deutschen Alpenvereins(DAV), hat sich von der Oberkante des eigentlich für Bergsteiger gesperrten rechten Tobelfelsens im Lenninger Tal abgeseilt, das dreieinhalb Wochen alte Tier vorsichtig aus seinem Horst geholt, in einen Rucksack gepackt und ist damit zum Ausgangspunkt zurückgekehrt.

 

Dort warten an diesem Tag zahlreiche Medienvertreter und Offizielle des Naturschutzbundes (Nabu) und des Deutschen Alpenvereins und bestaunen die Größe des Jungtiers, während Jürgen Becht, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz des Nabu, das Tier fachmännisch und schnell beringt. Für Becht und Nordmann ist dieser Einsatz Routine. Immer wieder tun sich der Bergsteiger und der Vogelschützer zusammen, um junge Uhus und Wanderfalken mit Ringen zu kennzeichnen. Damit wollen sie mehr Informationen über das Leben der Vögel sammeln. Mit Hilfe der Beringung können die Fachleute Rückschlüsse auf das Zugverhalten von Deutschlands größter Eulenart ziehen und prüfen, ob die Uhus ortstreu sind und wie sich der Bestand entwickelt.

Der Uhu entwickelt sich prächtig am Albrand

Momentan, so betont Jürgen Becht, brauche man sich keine Sorgen um den Uhu in Deutschland zu machen. Der einst nahezu ausgestorbene Vogel entwickele sich prächtig. Allein im Landkreis Esslingen kenne man zehn Uhu-Paare, im Kreis Göppingen sogar mehr als 15. Die Dunkelziffer sei groß. Es sei sogar so, dass mittlerweile Uhus für die Wanderfalken zur Bedrohung würden, weil sie einerseits deren Nistplätze in den Felswänden belegten und andererseits Jagd auf Wanderfalken machten.

Mit der gemeinsamen Beringungsaktion wollen Nabu und DAV, darauf verweist der Nabu-Landesverbandschef Johannes Enssle, auf die gute Zusammenarbeit der beiden Organisationen aufmerksam machen. Klettersport und Naturschutz lassen sich gut miteinander vereinbaren, wenn sich alle Beteiligten an die Spielregeln halten. Bereits 2005 haben sich der DAV und der Nabu Baden-Württemberg auf gemeinsame Leitlinien für den Natur- und Vogelschutz an Kletterfelsen verständigt.

Manchmal wird der Nachwuchs im Stich gelassen

„Dazu gehören auch Einschränkungen im Kletterbetrieb“, erläutert Michelle Müssig, die stellvertretende Chefin des DAV-Landesverbands. Müssig: „Die nehmen wir in Kauf, weil Felsbiotope sehr empfindliche Lebensräume sind.“ Johannes Enssle ergänzt: „Wir haben viele seltene Pflanzenarten, die an die besonderen Lebensbedingungen am Felsen angepasst sind. Felsenbrütende Vogelarten reagieren insbesondere im Frühjahr sehr empfindlich auf Störungen und sind mitunter sogar gezwungen ihre Nester aufzugeben und den Nachwuchs im Stich zu lassen.“

Vogelschützer und Kletterfans hätten gute Erfahrungen mit flexiblen Schutzzeiten für Wanderfalken, Kolkraben und Uhus gemacht. Deshalb setze man sich dafür ein, die Richtlinien bundesweit durchzusetzen. Informationen zu Sperrzeiten von Felsen finde man auf der Homepage des Deutschen Alpenvereins. Zudem gebe es Hinweisschilder direkt an den Einstiegsstellen der Kletterfelsen. Im Lenninger Tal achtet der Arbeitskreis Klettern und Naturschutz auf die Einhaltung der Kletterregeln und der Sperrzeiten.