Abflug erst Herbst 2013: Der Starttermin für den Hauptstadt-Airport wird erneut verschoben. Die Kosten laufen noch mehr aus dem Ruder als ohnehin schon.
Neuer Akt im Drama um den Hauptstadtflughafen: Der Starttermin soll nun auf Oktober 2013 verschoben werden. Das bestätigte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der im Aufsichtsrat der staatlichen Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) sitzt. Die erneute Verschiebung wird zu noch höheren Kosten des Projekts führen, dessen weitere Finanzierung ohnehin nicht gesichert ist.
Der neue FBB-Planungschef Horst Amann, der zuvor am Frankfurter Flughafen tätig war, hat sich inzwischen einen Überblick verschafft. Demnach gibt es offenbar so große Probleme bei dem Milliardenprojekt, dass Amann einen halbjährigen Probebetrieb für nötig hält. Das befürworten auch Airlines wie die Lufthansa. Dadurch muss der offizielle Start, der erst vor wenigen Monaten auf März 2013 verschoben worden war, erneut revidiert werden. Dem soll der FBB-Aufsichtsrat bei einer vorgezogenen weiteren Krisensitzung am Freitag zustimmen.
Die Eröffnung ist bereits mehrfach verschoben worden und war eigentlich für den 6. Juni vorgesehen. Wegen Problemen beim Brandschutz im Terminal lehnten die Behörden aber die Abnahme ab. Seither passiert nur noch wenig auf der Großbaustelle in Schönefeld. Dafür dringen immer mehr Details über die Bau-, Kosten- und Finanzierungsprobleme an die Öffentlichkeit, die besonders die Regierungspolitiker in Berlin und Brandenburg sowie die zuständigen Bundesministerien als Kontrolleure in Verlegenheit bringen.
Die Fluggesellschaften fordern Schadenersatz
Nach FBB-Rechnung entstehen schon durch die bisherige Verschiebung auf März 2013 Mehrkosten von fast 1,2 Milliarden Euro. Dazu gehören auch Schadenersatzforderungen von Fluggesellschaften sowie Laden- und Restaurantbetreibern, die fest mit einem Start im Juni dieses Jahres gerechnet hatten und nun selbst hohe Kosten haben. Zudem fehlen der FBB nun fest einkalkulierte Einnahmen aus Startgebühren und Vermietungen, um die Finanzierungskosten für die milliardenschweren Bauausgaben decken zu können.
Deshalb machten bereits wiederholt Meldungen die Runde, der FBB drohe die Pleite. Das Unternehmen selbst betont, noch bis Jahresende liquide zu sein. Die Gesellschafter – der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg – haben auf der letzten Aufsichtsratssitzung beschlossen, die drohende Zahlungsunfähigkeit durch neue Finanzspritzen abzuwenden. Offen ist, ob die FBB weitere Kredite mit staatlicher Bürgschaft aufnehmen soll oder die öffentlichen Haushalte direkt belastet werden. Auch über ein nachgebessertes Finanzierungskonzept soll in der Krisensitzung am Freitag beraten werden.
Bei einer erneuten Verschiebung müssten die bisherigen städtischen Flughäfen in Tegel und Schönefeld (alt) noch länger geöffnet bleiben. Besonders der innerstädtische Airport Tegel ist überlastet, und der Flugverkehr löst zunehmende Proteste in der Bevölkerung aus.
Wie viel der Hauptstadtflughafen am Ende gekostet haben wird, steht in den Sternen. Allein die reinen Baukosten sind bereits von 1,7 Milliarden Euro, die noch 2004 genannt wurden, auf knapp drei Milliarden Euro gestiegen. Diese Summe wird in einem Kontrollbericht vom April für den Aufsichtsrat genannt. Hinzu kommen Altlasten, die teure Verkehrsanbindung und die hohen Mehrkosten von schon bisher mindestens 1,2 Milliarden Euro durch die Verschiebung.
Die Berliner leiden unter Fluglärm
Außerdem fordern Zehntausende Anwohner, die durch geänderte Flugrouten betroffen sind, besseren Lärmschutz, was der FBB-Aufsichtsrat inzwischen zugesagt hat. Die bisher viel zu niedrig veranschlagten Lärmschutzausgaben werden sich dadurch nach Expertenschätzungen um mindestens eine halbe Milliarde Euro erhöhen. Auf den Bund und die Länder kommen damit weitere Lasten zu. Denn die Kredite von 2,4 Milliarden Euro, für die das Trio anteilig bürgt, sind fast aufgebraucht.