Erneut gibt ein Berliner Pirat sein Amt auf. Doch der Abgeordnete Martin Delius will sich nicht wegen Erschöpfung zurückziehen wie andere vor ihm.

Berlin - Der Berliner Piraten-Abgeordnete Martin Delius gibt seinen Posten als parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion auf. Er möchte nach einem Jahr intensiver organisatorischer Arbeit wieder stärker inhaltlich arbeiten, teilte Delius am Mittwoch mit. Voraussichtlich wird der 28-Jährige den Vorsitz des von der Opposition geplanten Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus zur Aufklärung des Flughafen-Desasters übernehmen. „Ja, ich ziehe mich als PGF zurück“, schrieb Delius zunächst über den Kurznachrichtendienst Twitter. Derzeit berät die Piratenfraktion in einer viertägigen Klausurtagung in Potsdam ihre thematischen Schwerpunkte für das kommende Jahr.

 

„Insbesondere mit Blick auf den Untersuchungsausschuss zum BER-Desaster, den das Parlament aller Voraussicht nach am 30.08.2012 beschließen wird, freue ich mich auf eine neue, große und wichtige Aufgabe“, erklärte Delius. Die Piratenpartei erhält turnusgemäß den Vorsitz über den nächsten Ausschuss im Abgeordnetenhaus.

Ein Nachfolger stehe noch nicht fest, sagte Delius am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Er habe auch nicht den Abgeordneten Heiko Herberg als seinen Nachfolger vorgeschlagen, wie es bei Twitter kommuniziert werde. „Ich möchte der Entscheidung der Fraktion nicht vorgreifen“, betonte Delius.

Delius hatte mit einem NSDAP-Vergleich für Empörung gesorgt

Der 25 Jahre alte Herberg - Fraktions-Vize und Jura-Student - habe ihn bisher schon mal als Parlamentarischer Geschäftsführer vertreten. Deshalb könne er diese Aufgabe sicherlich für eine Übergangszeit wahrnehmen, sagte Delius. Es gebe aber auch Alternativen zu ihm. Das werde die Fraktion in ihrer nächsten ordentlichen Sitzung vor der ersten Plenarsitzung nach der Sommerpause am 28. August entscheiden.

Delius hatte im April mit einem unglücklichen Vergleich für Empörung gesorgt und deshalb auf seine geplante Kandidatur zum Bundesgeschäftsführer verzichtet. Angesichts der immer höheren Umfragewerte für die Piratenpartei hatte Delius dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ gesagt: „Der Aufstieg der Piratenpartei verläuft so rasant wie der der NSDAP zwischen 1928 und 1933.“

Unmittelbar danach bedauerte Delius diesen Vergleich als völlig unpassend. „Mir ist klar, dass dieser Vergleich, der mir selbst im Moment der Aussprache schräg vorkam, eine große Dummheit war und vollkommen ungeeignet ist, um irgendetwas zu verdeutlichen.“ Er habe zu keinem Zeitpunkt die Piratenpartei auch nur in die Nähe der NSDAP rücken wollen.

In den vergangenen Monaten hatte es mehrfach Wechsel auf Führungspositionen der Berliner Piraten gegeben. Erst im Februar hatte ihr damaliger Landesparteichef, Gerhard Anger, sein Amt abgegeben - wegen des immensen Drucks und hoher Erwartungen. „Ich ertrage diese emotionale Belastung nicht“, sagte er. Sein Nachfolger Hartmut Semken trat im Mai zurück, weil er den Landesvorstand der Piraten belogen hatte.