Die Anwohner der Bernsteinstraße in Stuttgart-Heumaden sind sauer. Sie klagen über Schleicher, die ihre Straße als Abkürzung missbrauchen. Im Bürgerhaushalt fordern sie eine Sperrung. Die Stadt sieht dort allerdings keinen Brennpunkt und nennt auf gleich die Begründung dafür.

Heumaden - Geht es nach einigen Anwohnern, wird an der Bernsteinstraße im Heumadener Gebiet Über der Straße in Bälde durchgegriffen. Der Verkehrsweg, der sich halbkreisförmig einmal durchs komplette Gebiet zieht, taucht in den Vorschlägen zum aktuellen Bürgerhaushalt auf. Idee Nummer 42440 sieht vor, dass die Trasse nur noch für Bewohner befahrbar sein soll.

 

Verengte Straße wegen parkender Autos

„Die Bernsteinstraße wird in den Morgen- und Abendstunden vorwiegend als Abkürzung nach Kemnat oder zur Mittleren Filderstraße genommen und ist somit stark belastet“, ist zu lesen. Nicht selten komme es zu gefährlichen Situationen bei Gegenverkehr, weil die Straße durch parkende Autos verengt sei. Auch werde Tempo 30 häufig nicht eingehalten, heißt es. Ein anderer Kommentierer auf der Online-Seite zum Bürgerhaushalt geht sogar noch weiter: Man müsse die Straße von Kemnat her sperren, fordert er.

Bei der Bezirks- und der Stadtverwaltung Stuttgart sind weder Probleme noch Beschwerden bekannt. Die Bernsteinstraße sei als Abkürzung auch „nicht gerade prädestiniert“, da sie geografisch ungünstig liege und als 30er-Zone „mit nervigen Aufpflasterungen und unkommoden Platzverhältnissen“ ausgestattet sei, heißt es aus dem Tiefbauamt.

Nur wenige würden die angebliche Abkürzung nutzen

Auch wenn die Ampel-Rot-Phasen am Abendeck im Feierabendverkehr oft für den Autofahrer unverständlich lange seien, sei die Fahrt auf den offiziellen Routen im Großen und Ganzen komfortabler, so die Einschätzung des Fachbereichs. Allenfalls bei Autofahrern, die über die Nellinger Straße kommen und weiter nach Kemnat wollen, sei es denkbar, dass sie „lieber den umständlichen Haken durch die Bernsteinstraße“ nehmen, um Stau an der Abendeck-Ampel zwischen Ruit und Heumaden zu vermeiden, aber dies seien nach Ansicht des Tiefbauamts wenige Autofahrer.

Anwohner schildern jedoch einen anderen Eindruck. Gefühlt 80 Prozent der Autos auf der Bernsteinstraße seien nur auf der Durchfahrt, sagt ein Mann aus dem Haus Nummer 24, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Man müsse doch nur mal auf die Kennzeichen achten, fügt ein Ehepaar aus einem der Reihenhäuser schräg gegenüber an. Und tatsächlich: Von zehn Fahrzeugen haben etwa ein bis zwei ein ES-Kennzeichen oder ein anderes auswärtiges. Steht man in der Kurve am Spielplatz, kann man ihre Fahrt durch fast die gesamte Bernsteinstraße verfolgen.

Neubaugebiet bringt mehr Autofahrer mit sich

Der CDU-Bezirksbeirat Hendrik Wolff wohnt selbst an der Bernsteinstraße und bestätigt, dass der Verkehr zugenommen hat. Das liegt in seinen Augen aber mehr an den Leuten im Viertel selbst als am Schleichverkehr. Durch das Neubaugebiet samt Kita seien naturgemäß mehr Autos unterwegs – Anwohner, Besucher, Handwerker, Lieferverkehr. „Auch Parkplätze zu bekommen, wird schwieriger“, sagt Hendrik Wolff. Das Problem sei hausgemacht, „ich sehe einfach keine Patentlösung“.

Auch seine Nachbarin und Bezirksbeiratskollegin Julia Möhrmann (SPD) glaubt nicht an das Schleichverkehrsproblem, die Strecke eigne sich nicht. Gefährliche Situationen oder gar Raserei habe sie noch nicht beobachtet. Das Ehepaar aus dem Reihenhaus widerspricht. Eine aufgemalte 30 auf der Straße wäre sinnvoll, denn es werde immer wieder zu schnell gefahren – wohl aber von Anwohnern und Auswärtigen.