Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)
Kann sich so etwas auch zum Guten ändern, also aus Sicht von Stuttgart?
Ich will Sie nicht frustrieren, aber ich glaube eher nein. Da ist auch die Frage, ob es in Stuttgart so etwas wie eine Szene gibt, die so ein Konzertleben tragen kann.
Hier in Stuttgart gibt es eine Diskussion über Spielstätten. Viele beklagen, dass es etwa nach dem Wegfall der Röhre für 500 bis 800 Zuschauer nichts gibt.
Mir ist in der Tat unverständlich, warum eine reiche Stadt wie Stuttgart nicht so eine Spielstätte hat oder unterstützt. Für kleine, unbekannte Bands brauchen Sie Spielstätten in zwei Größenordnungen. Erstens: Clubs mit Platz für 100 bis 300 Zuschauer, wenn die Bands zum ersten Mal kommen. Dann brauchen Sie Räume für 400 bis 700 Fans, wenn die Band sich langsam etabliert. Alles darüber hinaus ist in der Regel kein Problem, auch in Stuttgart nicht, wo ich im Sommer Patti Smith veranstalte. Aber wenn Patti Smith heute am Anfang ihrer Karriere stünde, würde sie ziemlich sicher nicht nach Stuttgart kommen.
Auch hier die Frage: war früher alles besser?
Die Bands, die ich in Deutschland groß gemacht habe, haben immer in acht bis zwölf deutschen Städten gespielt. Natürlich sind Lambchop oder Calexico nach Schorndorf oder Geislingen gekommen. Ja, in den achtziger Jahren war noch einiges anders: Berlin war noch kein Pflicht-Stopp, Hamburg viel wichtiger. Vor allem aber konnten engagierte Veranstalter Bands in die Provinz holen, ins Forum Enger bei Bielefeld oder in die Rätsche in Geislingen. Das in Geislingen sind tolle, engagierte Leute und das ist auch der Grund, weshalb ich am Donnerstag dort lese. Sie waren einfach die Ersten im Großraum Stuttgart, die mich eingeladen haben.
Wie könnte man es schaffen, dass auch in die Provinz eine lebendigere Szene entsteht?
Wir bräuchten eine flächendeckende Förderung für Spielstätten – anstelle der direkten Subventionierung von Musik. Außerdem brauchen Musiker eine soziale Absicherung, und es fehlt an geförderten Proberäumen. Man darf aber nicht alles schwarzmalen. Zu jeder Bewegung gibt es eine Gegenbewegung. Dank des Internets haben wir so gut wie noch niemals zuvor Zugang zu guter, spannender Musik aus aller Welt. Es ist an uns allen, die Vielfalt der Kultur zu erkämpfen und zu nutzen.