Arbeitgeber reagieren auf den Bachelor positiv, Absolventen finden meist schnell eine Stelle. Aber es gibt auch Schattenseiten.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)
Stuttgart - Die Diplomstudiengänge laufen langsam aus, Bachelor und Master sind im Hochschulbetrieb angekommen. Doch nicht nur Professoren und Dozenten müssen sich dem Bologna-Prozess anpassen. Auch die Personalabteilungen in den Unternehmen müssen auf die neue Flut an Bachelorzeugnissen reagieren. Jedes Jahr landen mehr Bachelor-Bewerbungsmappen bei den Firmen, auch beim Unternehmen Bosch. Die Personalreferentin Vera Winter sagt: "Wir haben uns auf den Bachelor und den Master eingestellt." Und das zur richtigen Zeit. Denn die Anzahl der Bewerbungen mit Bachelor steigt sprunghaft an. Im vergangenen Jahr machten in Deutschland 72.000 Studenten den Bachelorabschluss an deutschen Hochschulen, im Jahr 2008 waren es noch knapp 40.000, im Jahr 2007 kaum mehr als 23.000. Lange Zeit befürchteten die Arbeitgeber, dass das Ausbildungsniveau der Bachelorabsolventen zu gering sei. Zu kurz die Ausbildungszeit, zu komprimiert der Vorlesungsplan.

Doch Henning Dettleff, Referent für Hochschulpolitik bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, gibt Entwarnung: "Die Zeiten der Verunsicherung sind vorbei." Von einem Schmalspurstudium spricht bei den Arbeitgebern niemand mehr. Die Studenten seien solide wissenschaftlich ausgebildet, und der Bachelor werde in den Konzernen ganz klar als akademischer Abschluss betrachtet, sagt Dettleff. "Die Qualität hat nicht nachgelassen." Die Unternehmen könnten sich weiterhin auf die Dozenten an den Hochschulen verlassen, die bisher auch die Diplom- und Magisterstudenten ausgebildet haben. Auch bei Bosch ist man zufrieden mit den Leistungen der Absolventen. "Unsere Erfahrungen mit den Bachelorstudenten sind sehr gut", sagt Vera Winter. Auch wenn viele noch sehr jung seien, und "aufgrund kürzerer Pflichtpraktika während des Studiums weniger praktische Erfahrung sammeln" könnten. Man versuche daher, die Absolventen im Beruf fachlich und persönlich zu fördern und weiterzubilden. Die positive Resonanz in der Wirtschaft macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar.

Dem gelungenen Einstieg folgt Ernüchterung


Einer Studie des Internationalen Zentrums für Hochschulforschung (Incher) an der Universität Kassel zufolge haben die Absolventen gute Berufschancen. Das geht aus einer Befragung unter 70.000 Studenten hervor, die in den Jahren 2007 und 2008 ihren Abschluss gemacht haben. Nach spätestens eineinhalb Jahren finden demnach 96 Prozent der Bachelorstudenten einen Arbeitsplatz. Die Quote bei den Diplomabsolventen sieht ähnlich aus. Auch das Gehalt kann sich sehen lassen. Durchschnittlich verdienen Berufseinsteiger mit Bachelor durchschnittlich 36.000 Euro brutto im Jahr, das zeigt eine Auswertung des Beratungsunternehmens Personalmarkt. Damit liegen die Bachelorabsolventen etwa 4000 Euro unter dem Einstiegsgehalt eines Angestellten mit Diplom. Ein Masterstudium erhöht das erste Jahresgehalt auf etwa 42.000 Euro im Jahr.

Der Einstieg gelingt vielen Studenten, doch häufig folgt dem ersten Erfolgserlebnis auch gleich die Ernüchterung. Laut Incher-Studie sind nur 53 Prozent der Bachelorabsolventen glücklich mit ihrer beruflichen Situation. Zu Zeiten des Diploms waren immerhin noch 63 Prozent der Berufseinsteiger zufrieden mit dem ersten Job nach dem Studium. Nicht überall ist der Umstellungsprozess in den Konzernen bereits abgeschlossen. Vor allem mittlere und kleine Unternehmen haben laut Andreas Richter, dem Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Stuttgart, noch Schwierigkeiten, das Potenzial der Bachelorstudenten richtig einzuschätzen. "Das System ist noch nicht ganz stimmig", sagt Richter. Zu gering sind bei einigen kleinen Unternehmen die Erfahrungswerte mit den neuen akademischen Graden. Die Gewinner sind die Großunternehmen, die meist seit vielen Jahren Bachelorabsolventen aus dem Ausland einstellen. Und was die Personalchefs der Großkonzerne nicht anhand der Abschlusszeugnisse herausfinden, erfahren sie von den Bewerbern bei aufwendigen Auswahlverfahren und Vorstellungsgesprächen. "Es dauert noch etwa zwei bis drei Jahre", sagt Richter, "bis der Konsolidierungsprozess abgeschlossen ist." Das sieht auch Henning Dettleff so. "Das wird uns noch einige Jahre lang beschäftigen." Die Aufgabe des Arbeitgeberverbandes bestehe darin, die Personalabteilungen der kleinen und mittelständischen Betriebe so gut wie möglich zu informieren.