Nach Jahren der Verunreinigung ist der Bodensee so sauber wie lange nicht. Als Folge bleiben die Netze leer. Die Fischer hoffen dabei vergeblich auf den grünen Agrarminister Alexander Bonde.

Friedrichshafen - Eine gute Nachricht zumindest konnte Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) in Friedrichshafen (Bodenseekreis) verkünden. „Der Verbraucherschutz funktioniert.“ Die Überwachung von Lebensmitteln habe für die grün-rote Landesregierung auch weiter „höchste Priorität“. Das ist sicher gut zu wissen. Nur war es nicht das, was die Vertreter der Berufsfischer von dem baden-württembergischen Agrarminister hören wollten.

 

Sie hofften auf ein Signal, das den 138 darbenden Berufsfischern am Bodensee wieder Mut machen könnte. Doch Bonde verwies im aktuellen Streit um die Gewässerreinheit des Sees formal auf die Zuständigkeit des Umweltministeriums. Ob er den Fischern denn nicht helfen könne? Bonde zuckte mit den Achseln. „Wir haben die Umweltschutzmaßnahmen nicht aus Spaß gemacht“, ließ er noch wissen.

Wolfgang Sigg, der Vorsitzende des Internationalen Bodenseefischereiverbandes (IBKF), hatte von Bonde erwartet, dass er sich aktiv in den Streit um die Gewässerreinheit einschaltet. Und zwar auf der Seite der Berufsfischer. Die möchten, dass der Phosphatgehalt im Bodensee von rund sieben Mikrogramm pro Liter auf zehn Mikrogramm angehoben wird.

In den 60er Jahren drohte der Bodensee umzukippe

Dann fänden die Fische im See nach ihrer Überzeugung wieder genügend Nahrung. In den 60er Jahren, als der See wegen intensiver Düngung schon umzukippen drohte, lag der Phosphateintrag bei 84 Mikrogramm pro Liter. Nun geht es um eine Erhöhung von drei bis vier Mikrogramm pro Liter Wasser. Das schade dem See nicht, meint Sigg. „Auch wir Bodenseefischer haben ein Interesse daran, dass der Bodensee sauber ist“, betonte der Funktionär.

Die Situation der Berufsfischer ist seinen Angaben zufolge dramatisch. Die Fangergebnisse seien auch im laufenden Jahr abermals um die Hälfte eingebrochen. Dabei sei 2012 schon katastrophal verlaufen. „Die Kollegen müssen bis in den Überlinger See fahren und fangen dort kaum drei Kilogramm Felchen. Das reicht nicht mal, um den Dieselsprit zu zahlen“, erläutert der Verbandschef. Schon 2012 haben die Berufsfischer nur noch 554 Tonnen Fisch gefangen – ein Einbruch um ein Drittel und das schlechteste Ergebnis seit 1954. Auch die 13 000 Angler erzielten mit 57 Tonnen Fisch ein weit unterdurchschnittliches Ergebnis.

Alarmierend sei besonders der Rückgang der Felchen, dem wichtigsten Fisch am Bodensee. Mit 336 Tonnen fehlt den Fischern 2012 die Hälfte ihrer Jahresproduktion. Die Erhöhung des Phosphatgehaltes sei daher dringend nötig, führte Sigg aus. In den letzten Jahren hätten bereits knapp 50 Fischer ihren Beruf aufgeben müssen. „Wenn das so weiter geht mit den Fangerträgen, werden weitere folgen“, befürchtet Sigg.

„Der Bodensee ist kein Kartoffelacker“

Auf viele Mitstreiter dürfen die Bodenseefischer aber nicht hoffen. Der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu), Andre Baumann, zeigte sich in einer Mitteilung „fassungslos, dass die Fischerei die Erfolge der Phosphatklärung zurückschrauben möchte“ und verwahrt sich gegen eine „Düngung des Bodensees“. „Dank aufwendiger Klärung des Wassers ist der Bodensee endlich wieder kristallklar und wie von Natur aus nährstoffarm“ , lobt Baumann. Den Fischern unterstellt er, es gehe ihnen letztlich darum, „die Erträge zu steigern“. Der Bodensee sei ein komplexer und vielfältiger Lebensraum und kein Kartoffelacker, auf dem man mit Dünger die Ernte vergrößert.

Ähnlich sieht dies auch die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB), die 1959 ins Leben gerufen worden war, um den See wieder sauberer zu bekommen. Wie der Nabu auch erinnert die Schutzorganisatin aller Bodenseeanrainerstaaten daran, dass der See ursprünglich ein nährstoffarmes Gewässer war und der vermehrte Fischbestand ein Ergebnis des hohen Phosphateintrags war, der seine Ursachen in intensiver Landwirtschaft, Industrialisierung und Bevölkerungswachstum hatte.

Grünen-Abgeordnete wollen den Ausgleich schaffen

Obwohl viele Kläranlagen gebaut wurden, gelangen mit den gereinigten Klärwassern auch heute noch jährlich gut 80 Tonnen Phosphor in den See. Die Konzentration liege noch immer über dem „natürlichen und historisch belegten Zustand.“ Der See habe heute wieder eine für einen nährstoffarmen Voralpensee typische Artenzusammensetzung. Es gelte daher, „die erreichten Erfolge künftig zu sichern und nicht einzelnen Interessen nachzugeben“, heißt es an die Adresse der Fischer.

Hat die Fischerei am See also keine Chance mehr? Es sieht so aus. Doch nicht allen Grünen ist das recht. Einige Parlamentarier rund um den Überlinger Landtagsabgeordneten und Landwirt Martin Hahn hoffen noch auf ein Einlenken und bitten in einer Landtagsanfrage um einen Ausgleich. Die Gäste wünschten sich einerseits, „dass der Fisch auf ihrem Teller direkt aus dem See kommt und sie andererseits in einem sauberen Gewässer baden und aus diesem auch sauberes Trinkwasser beziehen können.“