Bundesarbeitministerin Andrea Nahles (SPD) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) haben sich auf einen Kompromiss zum Thema Zeitarbeit geeinigt. Gegenüber den ursprünglichen Plänen der Arbeitsministerin geht die Koalition in mehreren Punkten auf die Wirtschaft zu.
Berlin - Die Regierung hat sich auf einen Gesetzentwurf zur Zeitarbeit und zur Regelung der Werkverträge verständigt. Nachdem das Kanzleramt mit den Plänen von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zunächst nicht einverstanden war, fanden in den vergangenen Wochen unter Beteiligung der Sozialpartner klärende Gespräche statt. Nahles und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) erzielten nun eine Einigung. Das Arbeitsministerium verschickt den Gesetzentwurf an die übrigen Ministerien demnächst zur Stellungnahme. Am 9. März soll dann das Kabinett darüber beraten. Der Entwurf liegt der Stuttgarter Zeitung vor.
Gegenüber den ursprünglichen Plänen der Arbeitsministerin geht die Koalition in mehreren Punkten auf die Wirtschaft zu. Künftig sollen Zeitarbeiter nach spätestens 15 Monaten den gleichen Lohn bekommen wie Stammbelegschaften. Außerdem wird festgelegt, dass Zeitarbeiter höchstens 24 Monate in einem Betrieb eingesetzt werden dürfen. Dabei gibt es aber Ausnahmen. Gibt es in der jeweiligen Branche einen Tarifvertrag, der eine andere Regelung vorsieht, sind auch längere Entleihzeiten möglich. Vor allem die Metall- und Elektroindustrie hatte darauf bestanden, dass Nahles bei der Dauer der Höchstüberlassung auf die Industrie eingeht. Ursprünglich plante Nahles eine maximale Entleihzeit von 18 Monaten in einem Betrieb. Von Anfang an war klar, dass bei tarifvertraglichen Regelungen auch längere Zeiten möglich sind. Die Metall- und Elektroindustrie setzte sich dafür ein, dass auch für die Unternehmen, die nicht an einen Flächentarifvertrag gebunden sind, längere Entleihzeiten gelten. Im Gesetzentwurf heißt es nun, dass Betriebe ohne Tarifverträge Zeitarbeiter maximal 18 Monate einsetzen dürfen. Viele Betriebe sind zwar nicht an den Flächentarifvertrag gebunden, übernehmen aber mit betrieblichen Vereinbarungen einzelne tarifvertragliche Regelungen. Für diese Unternehmen gilt eine maximale Überlassungsdauer für Zeitarbeiter von 24 Monaten. In den meisten Fällen sind Zeitarbeiter sehr viel kürzer in einem Betrieb tätig.
Gesetzlich festgeschrieben wird auch, dass Zeitarbeiter nach einer bestimmten Frist so bezahlt werden müssen wie Stammbelegschaften. Grundsätzlich gilt, dass ein Leiharbeiter nach neun Monaten den Anspruch auf denselben Lohn hat wie Stammbeschäftigte. In einigen Branchen regeln Tarifverträge, dass die Entgelte der Zeitarbeiter stufenweise angeglichen werden. Liegt solch ein Tarifvertrag vor, muss das gleiche Arbeitsentgelt spätestens nach 15 Monaten Einsatzdauer vergütet werden. Zunächst waren zwölf Monate vorgesehen. Unverändert bleibt, dass Zeitarbeiter nicht als Streikbrecher eingesetzt werden dürfen. Außerdem wird festgeschrieben, dass die Informationsrechte des Betriebsrats bei Zeitarbeit und Werkverträgen erweitert werden.
Einig ist sich die Regierung auch über die künftige Regelung zu den Werkverträgen. Die Arbeitgeberverbände hatten befürchtet, dass durch die ursprünglich vorgesehene Regelung Werkverträge in vielen Bereichen unmöglich gemacht werden. Nahles wollte im ersten Entwurf acht Kriterien ins Gesetz schreiben, anhand derer die Werk- und Dienstverträge überprüft werden sollen. Die Ministerin begründete dies damit, dass es in einigen Branchen zum Missbrauch von Werkverträgen komme. Seit Langem wird beispielsweise der Fleischwirtschaft vorgeworfen, Werkverträge für arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten zu nutzen. Dieser Missbrauch soll unterbunden werden. Der nun gefundene Kompromiss sieht vor, dass der Gesetzgeber einen Vorschlag der Arbeitsrichter übernimmt. Im Gesetz werden Arbeitnehmereigenschaften beschrieben. So heißt es etwa: „Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmten kann.“ Wichtig ist der Arbeitsministerin, dass es bei der Prüfung eines Arbeitsverhältnisses auf die Gesamtbetrachtung aller Umstände ankomme. So ist es im Gesetzentwurf festgelegt. Damit soll eine zu enge Auslegung vermieden werden. Die SPD-Arbeitsmarktpolitikerin Katja Mast sagte: „Es ist ein wichtiges Zeichen, dass die Regelung zur Zeitarbeit und Werkverträgen vorankommt.“ Aus Kreisen der Arbeitgeber hieß es, die Wirtschaft sei zufrieden, dass sich die Bundesregierung bewegt habe.