Ganz automatisch läuft die Prüfung für den Anspruch auf Grundrente ab. Aber welche Ruheständler werden überhaupt davon profitieren?

Jetzt im Juli geht die Grundrente endlich an den Start. Man sei in den letzten Zügen bei der Vorbereitung, es könne „bald losgehen“, sagt der Rechtsexperte Christoph Schnell von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV). Zuerst sollen Neurentner mit ihren Rentenbescheiden in diesem Monat einen Vermerk über den Grundrentenzuschlag, wie er richtig heißt, erhalten. An welchem Juli-Tag dies sein wird, das lässt die DRV noch offen. Unter dem Motto „Lebensleistung verdient Anerkennung“ stellt das Bundesarbeitsministerium die Grundrente dar: Profitieren sollen Ruheständler, die trotz langen Erwerbslebens niedrige Altersbezüge haben.

 

Wie viele Menschen werden die Grundrente erhalten?

Die Grundrente ist ein Aufschlag auf die Rente von langjährigen Geringverdienern. Rund 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner, die ein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, könnten profitieren, schätzt das Arbeitsministerium. Berechtigte werden zu 70 Prozent Frauen sein und überdurchschnittlich viele Ostdeutsche. Im Durchschnitt könnten 75 Euro gezahlt werden, maximal bis 418 Euro.

Muss man einen Antrag stellen?

Nein. Man muss nichts tun. Die Rentenversicherung prüft automatisch den Anspruch und tauscht sich mit Finanzämtern und Fürsorgestellen aus. Auch die Auszahlung erfolgt automatisch. Bis Ende 2022 will die DRV alle 26 Millionen Bestandsrenten durchforstet und auf Anspruchsberechtigung geprüft haben: Ein Bescheid wird nur verschickt, wenn tatsächlich ein Anspruch besteht. Bei einem früheren Rentenanpassungsgesetz hatte die DRV millionenfach Negativbescheide verschickt, die mit dem Satz: „Rentenanpassung Null“ endeten. Das habe für einen Sturm der Entrüstung gesorgt, so Christoph Schnell. Ein solcher Bescheid habe auch keinen „informativen Wert“. Die DRV verzichtet diesmal darauf.

Wer genau hat ein Anrecht auf die Grundrente?

Wer mindestens 33 Jahre Rentenbeiträge für eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit gezahlt hat, der erfüllt das Mindestmaß an sogenannten Grundrentenzeiten. Angerechnet werden auch Zeiten für Kindererziehung und Pflege sowie Zeiten, in denen Kranken-, Übergangs- oder Kurzarbeitergeld bezogen wurden. Nicht angerechnet werden Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld. Erst wer auf 35 Grundrentenjahre kommt, erhält den vollen Zuschlag. Ganz geringe Rentenbezüge fallen übrigens durchs Raster. Die DRV sucht nur die sogenannten Grundrentenzeiten aus, in denen mindestens 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes „versichert“ worden sind. Der Durchschnittsverdienst liegt 2021 bei 3462 Euro im Monat.

Spielt das Haushaltseinkommen eine Rolle?

Ja, es ist wichtig. Den vollen Aufschlag erhält nur, wessen Monatseinkommen als Rentner bei höchstens 1250 Euro liegt, bei Ehe- oder Lebenspartnern liegt die Grenze bei 1950 Euro. Kapitalerträge und Mieten zählen zum Einkommen. Wer über den Grenzwerten legt, muss Abschläge hinnehmen. Ab 1600 Euro (Single) beziehungsweise 2300 Euro (Paare) wird das Monatseinkommen voll angerechnet. Die DRV holt die Auskünfte beim Finanzamt ein. Anders ist das bei den 1,7 Millionen Rentnern, die im Ausland wohnen und deutsche Renten beziehen. „Da gibt es mit den Finanzämtern keinen automatischen Datenabgleich“, sagt Christoph Schnell. Die Kapitalerträge müssen bei den Betroffen abgefragt werden. Ob die Angaben stimmen, werde „stichprobenartig“ überprüft.

Fall eins: Warum geht der Kfz-Mechaniker Frenzel leer aus?

Die DRV hat Fallbeispiele durchgerechnet. Der Kfz-Mechaniker Richard Frenzel aus Heidelberg hat 41 Jahre lang als Angestellter gearbeitet und erhält 1180 Euro Rente. Bei der Prüfung des Grundrentenanspruchs errechnet die DRV einen Zuschlag von 52 Euro für ihn, prüft dann aber das Einkommen: Eine Betriebsrente erhöht Frenzels Monatseinkommen auf 1380 Euro, die Grenze liegt bei 1250 Euro. Der Abstand ist zu groß, so dass selbst eine Grundrente mit Abschlag nicht infrage kommt.

Fall zwei: Wie kann die Floristin Yilmaz ihre Rente kräftig erhöhen?

Hatice Yilmaz hat 43 Jahre in einem Blumenladen in Essen gearbeitet, 28 in Vollzeit, 15 in Teilzeit. Jetzt erhält sie eine Rente von 633 Euro. Für die meisten Jahre in Teilzeit lagen ihre sogenannten Entgeltpunkte bei der Rentenberechnung unter 0,3, weshalb sie bei der Berechnung der Grundrente nicht berücksichtigt werden. Die Vollzeitjahre aber wirken sich stark aus: Yilmaz wird einen Zuschlag von 278 Euro erhalten, ihre Rente steigt auf 911 Euro.

Fall drei: Wie sieht es bei berufstätigen Müttern aus?

Die Krankengymnastin Christina Müller hat 35 Jahre lang in Teilzeit gearbeitet und zweimal wegen der Erziehung von Kindern jahrelang pausiert. Sie bekommt 920 Euro Rente. Zunächst wird eine Grundrente von 209 Euro für sie errechnet. Allerdings zeigt die Einkommensprüfung: Mit ihrem Mann hat sie ein Monatseinkommen von 2220 Euro. Laut DRV wird das Einkommen bis 1950 Euro nicht angerechnet. Von dem, was darüber liegt, werden 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet. Es liegen 270 Euro oberhalb der Einkommensgrenze, 60 Prozent davon betragen 162 Euro. Der Zuschlag für die Grundrente von rund 209 Euro wird um 162 Euro gekürzt. Der Zuschlag beträgt somit 47 Euro.