Diesmal gibt es in Oberesslingen Ärger um den Telekom-Direktvertrieb: Anwohner beschweren sich über Mitarbeiter, die trotz Werbeverbot an der Haustür läuten. Das Unternehmen rechtfertigt sich mit den Notwendigkeiten des Glasfaserausbaus.
Der Mann aus Oberesslingen, dessen Name der Redaktion bekannt ist, macht kein Hehl aus seinem Ärger: „Ich bin einfach nur genervt, wenn wieder einer von der Telekom bei uns klingelt.“ Er und sein Mitbewohner hätten dem Unternehmen bereits vor längerer Zeit ausdrücklich mitgeteilt, dass sie keine Mitarbeiterbesuche wünschen und diese folglich unterbleiben müssen. Die Telekom habe per E-Mail bestätigt, die Ablehnung des sogenannten Direktvertriebs erhalten zu haben. „Trotzdem waren nicht nur im September angebliche Telekom-Leute bei uns an der Haustür, sondern schon im Juli“, sagt der Mann gegenüber unserer Zeitung. Die angeblichen waren wohl tatsächliche Telekom-Mitarbeiter, denn derzeit wird auch in diesem Gebiet das Glasfasernetz ausgebaut.
Die Telekom bestätigt die Intensivierung des Direktvertriebs in diesen Gebieten. Und nicht nur das. Eine Sprecherin des Unternehmens legt auf Anfrage die Latte ziemlich hoch: „Ohne Direktvermarktung wird der Glasfaserausbau in Deutschland nicht gelingen.“ Das „ehrgeizige Ziel der Bundesregierung, Deutschland bis 2030 flächendeckend mit Glasfaseranschlüssen zu versorgen“, hängt demnach auf Gedeih und Verderb von den Haustür-Geschäften ab. Denn, so die Sprecherin: „Um das Ziel zu erreichen, braucht es Informationen und eine intensive Beratung vor Ort im direkten Kontakt mit den Menschen.“ Unser Gesprächspartner in Oberesslingen sieht das freilich ganz anders: „Mich interessiert dieser Glasfaserausbau überhaupt nicht.“
Kritik von Verbraucherschützern
Der Ärger mit unerwünschten oder als aufdringlich empfundenen Besuchen von Telekom-Mitarbeitern ist freilich nicht neu. Mit dem Glasfaserausbau in der Region nehmen die Beschwerdeanrufe zumindest in unserer Redaktion zu. Zur Disposition stellen will die Telekom das umstrittene Vertriebsmodell allerdings nicht. Die „umfassende Beratung zuhause“ werde von „vielen Kundinnen und Kunden sehr geschätzt“, erklärt die Unternehmenssprecherin. Beim Thema Glasfaser komme hinzu, dass ein Anschluss „nur mit der Beauftragung durch die Kundinnen und Kunden“ ins Haus gelegt werde. Umso wichtiger sei es, „dass die Menschen von den Angeboten erfahren“. Die Rede von „Drückerkolonnen“ oder gar „Betrugsmaschen“, die auch aus dem Munde von Verbraucherschützern zu hören sei, weist sie zurück. Die mit dem Direktvertrieb beauftragten Partnerunternehmen unterlägen strikten Vereinbarungen und Regeln, die Mitarbeiter würden eigens in zehn Pflichttrainings geschult.
Trotzdem wird immer wieder von Regelverstößen berichtet. Im Oberesslinger Fall soll ein Telekom-Mitarbeiter mit den Worten „Ich muss jetzt sofort an den Router“ Einlass in die Wohnung gefordert haben, berichtet ein Nachbar der beiden Männer. Überrascht und auch etwas eingeschüchtert habe er dem Telekom-Mann Zutritt gewährt. Dessen Verhalten ein klarer Verstoß gegen die Compliance-Regeln des Unternehmens war: Sie erlauben einen Zutritt zur Wohnung nur nach ausdrücklicher Aufforderung. Niemand ist verpflichtet, Telekom-Leute in die Wohnung zu lassen.
„Wir nehmen Beschwerden ernst“
Auch der eingangs zitierte Herr berichtet von weiteren Regelverstößen: von Werbeanrufen ohne Werbeeinwilligung, von der Beobachtung, wie ein weiterer Nachbar bedrängt worden sei. Und von dem Telekom-Mitarbeiter im Juli, der sich geweigert habe, das Treppenhaus zu verlassen, nachdem er an der Haustür abgewiesen worden war. Erst ein Hinweis auf die nahe gelegene Polizeiwache habe ihn zum Gehen bewogen. „Wir nehmen solche Beschwerden ernst und gehen ihnen nach – wenn wir von ihnen erfahren“, versichert die Telekom-Sprecherin.