Seit rund 25 Jahren werden im Besen „Zur alten Webstube“ in Kaisersbach Weine aus Kleiningersheim kredenzt. Wer einen urgemütlichen und traditionellen Besen schätzt, der kehrt gerne immer wieder ein.

Weit und breit gibt es rund um Kaisersbach keine Weinberge. Reben gedeihen im Welzheimer Wald nicht. Einen Besen gibt es dennoch und das schon seit mehr als 25 Jahren. Sonja Fink bewirtet Gäste auf dem elterlichen Hof in der Aichstruter Straße 1 in Gebenweiler. Der Wein, den sie ausschenkt, kommt von den südlich terrassierten Steillagen von Kleiningersheim. Die Weinberge der Familie Fink liegen in direkter Nähe zum Neckar. Die Reben und den Hof im Schönblick 25 hat die 56-Jährige quasi zur Heirat dazubekommen. Mit ihrem Mann Rainer bewirtschaftet sie 1,2 Hektar Steillage und 0,3 Hektar Normallage.

 

Gut eine Stunde Fahrtzeit nimmt Sonja Fink von Ingersheim nach Gebenweiler in Kauf, um den Besen während der Saison von Donnerstag bis Sonntag aufzumachen. „Das Auto kennt die Strecke schon“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Außerdem werden in der alten Webstube traditionell höchstens 16 Wochen im Jahr die Gäste mit viel Herz und Taktgefühl bewirtet. An den Besen-Wochenenden quartiert sich Sonja Fink dann wieder in ihr altes Mädchenzimmer im Haus ihrer Eltern ein, das nur ein paar Schritte über den Hof gegenüber dem Besen steht.

Die Wirtin holt ihr Akkordeon

Das Ehepaar Karin und Siegfried Steinle kommt regelmäßig aus dem Weissacher Ortsteil Wattenweiler in den Besen. Die beiden schätzen den gemütlichen, gastlichen Ort, an dem noch richtig Schwäbisch geschwätzt wird. „Und uns gefällt es, wenn hier musiziert wird“, sagt Karin Steinle. Denn wenn Wirtin Sonja Fink ihr Akkordeon holt, ist Stubenmusikzeit im Besen Zur alten Webstube. Meistens ist noch jemand unter den Gästen, der Gitarre spielen kann. Oft sind noch andere Akkordeonspieler da. Dann wird gesungen, gelacht, und wenn der große runde Drehtisch mit Bank auch noch Karussell fährt, steigt der Stimmungspegel in Kaisersbach-Gebenweiler in die Höhe.

Das Haus mit Fachwerk und Klinkerfassade wurde 1883 gebaut. Sonja Finks Vater Karl Deess wurde dort vor 88 Jahren geboren, und in der kleinen, aber gut ausgestatteten Küche bereitet noch immer ihre Mutter Rosemarie Deess den „weltbesten Kartoffelsalat“ mit Maultaschen zu. Das Gemäuer ist von außen ein Schmuckstück, und drinnen lässt es sich gemütlich hocken und feiern. Vorher geht es aber eine steile Stiege hinunter.

Wo heute die Gäste an den dunklen Holztischen in der mit künstlichen Reben und Blumen geschmückten Besenstube im Keller sitzen, sei früher eine Webstube gewesen, erzählt Karl Deess, der mit seiner Frau nebenan wohnt. Denn anders als Wein wuchs der Lein, auch Flachs genannt, früher reichlich in der Gegend, in der das Flüsschen namens Lein entspringt. Weil Flachs für die Verarbeitung feucht gelagert werden musste, damit er nicht reißt, sei hier unten die Webstube gewesen, erzählt Karl Deess. „Und wir Kinder haben mit dem Werkzeug gespielt.“

Wo einst Rupfensäcke gesponnen wurden, wird bereits seit 1997 Speis und Trank genossen. Der „Qualitätswein“ vom Weingut Fink in Ingersheim wird in der alten Webstube traditionell im Krug oder im Viertelesglas serviert. Auch Traubensaft ist im Angebot. Die Speisekarte ist durch und durch bodenständig und besentypisch: Es gibt Schlachtplatte mit Kraut und Brot, Kessel- und Salzfleisch, Bauernbratwürste, Rauchfleischbrot oder angemachten Backsteinkäse.

16 Wochen im Jahr wird bewirtet

Das Publikum in der Alten Webstube sei, sagt Sonja Fink, „bunt gemischt“ und von überall her, natürlich auch aus Ingersheim und Umgebung, sowie aus allen Generationen. Tagsüber seien eher die Älteren da, abends die Jüngeren, so die Wirtin. „Wir haben viele Stammgäste, aber es kommen auch immer neue Gäste dazu. Die Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert prima.“ Und wer einen urigen, urgemütlichen und traditionellen Besen schätzt, der kehrt bei Sonja Fink gerne immer wieder ein.