Gespräche mit Gott für ein besseres Leben? Eine alte spirituelle Praxis gliedert den Tag in einen heilsamen Rhythmus. Doch mit geistigen Übungen ist es leider wie mit körperlichen: Es hilft nur, wenn man regelmäßig zum Training erscheint.

Stuttgart - Mit den geistlichen Übungen ist es wie mit den körperlichen: es hilft, wenn man sie regelmäßig macht. Bei Besuchen im Kloster Kirchberg bei Sulz am Neckar habe ich die traditionellen Tagzeitengebete christlicher Gemeinschaften kennengelernt. Die werden nicht gesprochen, sondern gesungen und haben die Psalmen des Alten Testaments zur Grundlage. Auch einige Hymnen des Neuen Testaments werden gesungen wie zum Beispiel der Lobgesang der Maria. Morgens, mittags, abends und zur Nacht versammeln sich die Gläubigen zum Gebet in der Kapelle, Vorsänger und Gemeinde wechseln sich ab. Komisch: täglich Joggen, Schwimmen oder Yoga als Teil eines gelungenen Lebens, das verstehen viele. Mich rühren hingegen diese Gesänge in einer Weise an, wie es nie für möglich gehalten habe.

 

Das Gefühl von Verbundenheit und Sinn

Ich würde gerne versuchsweise einmal längere Zeit in diesem Rhythmus leben. Aber das muss ich verschieben. Denn zurzeit muss ich noch meine Brötchen verdienen. Keine Gesänge für mich. Doch immer wieder sammle ich mich im Tagesverlauf, konzentriere mich auf eine Verbindung „nach oben“. Eine Verbindung mit dem, was wirklich wichtig ist. Meine Gebete – meine Meditationen – sind oft Verse aus den Psalmen. Sie sind außerhalb vom Mainstream, denn sie sprechen nicht von Selbstverwirklichung, sondern von Bitten und Einverständnis. Morgens: „Herr, zeige mir deinen Weg.“ Und nachts: „In Frieden leg ich mich hin und schlafe, denn du allein Herr lässt mich sicher ruhen.“

Darüber kann man spotten, doch dieses regelmäßige Gespräch mit Gott lässt mich „besser leben“. Ich fühle Verbundenheit und Sinn. Hirnforscher erklären das mit dem Ausbreiten von heilsamen Alphawellen, die man bei meditierenden und betenden Menschen messen könne. Das aber beeindruckt mich wenig.