Best of Women in Böblingen „Frauen stellen ihr eigenes Licht unter den Scheffel“

Rebecca Schenk (links) und Ellen Löber (rechts) haben gemeinsam mit ihrer Kollegin Beatrix Aufmuth zum Ziel, Frauen zu unterstützen. Foto: Stefanie Schlecht

Drei Frauen bieten mit ihrem Böblinger Unternehmen „Best of Women“ Schulungen speziell für Frauen an.

Drei Frauen haben 2022 das Böblinger Unternehmen „Best of Women“ gegründet, mit dem sie Frauen unterstützen und ihnen unter anderem die Möglichkeit bieten, den Umgang mit Finanzen zu erlernen. Denn noch kein einziges Land auf der Welt kann von sich behaupten, dass es die Gleichstellung von Mann und Frau erreicht hat. Nicht nur wenden Frauen mehr Zeit für die Familie auf, sie sind auch ganz besonders von Altersarmut betroffen. Rebecca Schenk, Ellen Löber und Beatrix Aufmuth haben es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Frauen voranzubringen.

 

In den letzten Jahren hat das Thema „Frauen und Finanzen“ immer mehr an Schwung erlangt. Mit erfolgreichen Plattformen wie „Madame Moneypenny“ rückte finanzielle Selbstbestimmtheit für Frauen in den Fokus. Darauf zielt auch das Böblinger Unternehmen „Best of Women“ ab.

„Die Frauen, die unsere Workshops besuchen, kommen aus allen Altersgruppen“, erzählt Ellen Löber, die als Finanzexpertin einen Workshop leitet, in dem Frauen lernen, sich um ihr eigenes finanzielles Fortkommen zu kümmern. Eine Kundin sei 85 Jahre alt gewesen, als sie sich den Rat der Finanzexpertin suchte.

Im Kreis Böblingen, in dem Arbeitgeber wie IBM, HP oder Daimler dominieren, würden sich viele Frauen auf die Gehälter ihrer Ehepartner verlassen – vor allem, wenn sie eine Familie gründen. Die Sorge um die eigenen Finanzen komme meistens erst auf, wenn Beziehungen in die Brüche gehen, erzählen die Gründerinnen.

Viele Frauen sprechen nicht über ihre finanzielle Zukunft

Ellen Löber spricht aus eigener Erfahrung: Ihr Vater verließ die Familie auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Sein Geld nahm er mit. Auch Rebecca Schenk, die Geschäftsführerin des Unternehmens, hat ihre persönlichen Erfahrungen gemacht. Obwohl sie besser verdiente als ihr damaliger Partner, blieb sie nach der Familiengründung zu Hause. „Gesprochen haben wir damals über diese Entscheidung nicht, das war halt einfach so“, erzählt Rebecca Schenk. So, sagt sie, gehe es vielen Frauen. „Die landen dann bei mir im Workshop“, sagt Ellen Löber.

Obwohl viele Restriktionen und gesetzliche Verbote, mit denen noch ihre Mütter und Großmütter zu kämpfen hatten, mittlerweile wegfallen, sitzt die Sozialisation noch tief, unbezahlte Arbeit zu übernehmen und dafür den bezahlten Job aufzugeben, erzählen die beiden Frauen aus ihrem Berufsalltag. „Wir brauchen da einfach noch mehr Zeit, um Veränderungen anzustoßen“, sagt Rebecca Schenk. Und vor allem neue Vorbilder zu schaffen.

Die 45-jährigen Frauen haben sich während ihres dualen Studiums kennengelernt. IBM war lange Zeit ihr Arbeitgeber – ein „männerdominiertes Feld“ wie die beiden sagen. Zwar wurden sie gefördert, erzählen die beiden Frauen, doch sie bemerkten bald, dass Frauen noch viel Aufholbedarf haben: Persönlichkeitsentwicklung, Rhetorik, Auftreten. „Frauen stellen ihr eigenes Licht oft unter den Scheffel“, sagt Ellen Löber. Auch mit dem Blick nach außen bemerkten die Unternehmerinnen, dass Frauen nicht in allen Unternehmen so gefördert werden, wie sie es selbst erfahren durften. 2022 entschlossen sie sich deshalb, den Schritt zu wagen und „Best of Women“ zu gründen.

Wie eröffnet man ein Depot?

„Deshalb wollten wir einen Raum für Frauen schaffen, in dem sie sich entwickeln und weiterbilden können“, sagt Rebecca Schenk. In ihrem Workshop zu Finanzen erklärt Ellen Löber nicht nur trockene Theorie, sondern geht mit den Frauen in die Umsetzung. Wie eröffnet man ein Depot? Wie verwalte ich mein Geld? „All die Dinge, die man nicht in der Schule lernt“, sagt die Finanzexpertin. Ihre Erfahrung: Nicht alle Menschen, die Geld haben, könnten auch damit umgehen.

Ihnen sei es vor allem wichtig, dass Frauen bewusst Entscheidungen treffen. Wenn sie sich dafür entscheiden, zu Hause zu bleiben, sollten sie sich über die finanziellen Folgen im Klaren sein – und gemeinsam mit dem Partner Vorkehrungen treffen, dass sie nicht in eine Armutsfalle laufen.

Einige Menschen würden sich daran stoßen, dass sie mit ihrem Unternehmen ihren Fokus auf die Arbeit mit Frauen legen. „Es ist wichtig, dass Frauen einen Raum bekommen, in dem sie laut denken können“, entgegnet Rebecca Schenk. Klar sei aber auch, dass in einer Gesellschaft, in der Gleichberechtigung groß geschrieben werden soll, alle einen Beitrag leisten müssen.

„Wir sind finanziell frei und wünschen uns das für alle“, sagt Rebecca Schenk über das Ziel, das sie mit ihrem Unternehmen verfolgen. Dann könne man auch mal ins kalte Wasser springen, sagt Ellen Löber. Egal, ob das nun bedeutet, eine unglückliche Beziehung zu verlassen oder ein Unternehmen zu gründen.

Armutsfalle für Frauen

Altersarmut
Frauen sind besonders von Altersarmut betroffen, nicht nur weil sie meist in Branchen arbeiten, die schlechter bezahlt werden, sondern auch, weil sie öfter in Teilzeit arbeiten, um unbezahlte Fürsorgearbeit zu leisten. Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes sind die Alterseinkünfte durchschnittlich mehr als ein Viertel niedriger als die von Männern.

Rentengefälle
Im Westen ist das Rentengefälle deutlich höher als im Osten. Im früheren Bundesgebiet liegt die sogenannte Gender Pension Gap bei 43,8 Prozent, im Osten bei 18,6 Prozent.

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