Die Vorwürfe wiegen schwer: Im Gegenzug für Parteispenden soll Regensburgs Oberbürgermeister Wolbergs einen Bauunternehmer bevorzugt haben. Auch der Fußballverein Jahn Regensburg ist von der Affäre betroffen.

Regensburg - In der Regensburger Parteispendenaffäre sind Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) und zwei weitere Beschuldigte am Mittwoch verhaftet worden. Der Rathauschef und ein Bauunternehmer bleiben wegen Verdunklungsgefahr vorerst auch in Untersuchungshaft, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Einem dritten Beschuldigten sollte der Haftbefehl im Laufe des Tages eröffnet werden. Die Anklagebehörde wirft den Männern Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung oder Beihilfe zur Bestechung vor.

 

„Es besteht der dringende Verdacht, dass die drei Beschuldigten in unlauterer Weise bereits massiv auf Zeugen eingewirkt haben und ohne den Vollzug der Untersuchungshaft weiterhin tun würden, um die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren“, begründete die Anklagebehörde die U-Haft. Im Fall des Unternehmers bestehe zudem Fluchtgefahr.

Laut den Ermittlungen hatte der OB bei der Vergabe des ehemaligen Areals der Regensburger Nibelungenkaserne im Oktober 2014 das Unternehmen des beschuldigten Bauunternehmers bevorzugt. Im Gegenzug hatte dieser eine Spendenzahlung von 500 000 Euro sowie die finanzielle Unterstützung des Fußball-Traditionsvereins Jahn Regensburg in Aussicht gestellt. Außerdem soll Wolbergs von dem Unternehmer „geldwerte Vorteile für sich und ihm nahestehende Personen“ in Höhe von rund 79 000 Euro erhalten haben - unter anderem beim Verkauf zweier Eigentumswohnungen.

Die Herkunft der Spenden wurde verschleiert

Von 2013 bis 2015 soll der Unternehmer insgesamt mehr als 300 000 Euro an Wolbergs SPD-Ortsverein Regensburg-Stadtsüden gespendet haben. Um die Herkunft der Spenden zu verschleiern und die Veröffentlichungsgrenze nach dem Parteiengesetz von 10 000 Euro zu unterschreiten, sollen unter anderem Angestellte des Unternehmers als Strohmänner eingesetzt worden sein. Diese spendeten demnach jeweils 9900 Euro und bekamen dies später über ihren Lohn erstattet. Der dritte Beschuldigte - laut einem Medienbericht ein Mitarbeiter der städtischen Wohnungsgesellschaft - habe dieses System organisiert.

In Stadtverwaltung und Stadtrat soll Wolbergs Einfluss zugunsten des Unternehmers genommen haben: Bereits am Tag nach seiner Amtsübernahme Anfang Mai 2014 soll er die Verwaltung informiert haben, dass die SPD eine neue Ausschreibung für die Vergabe des Kasernenareals will. Denn die Firma des Unternehmers hatte bei der ersten Ausschreibung den Kürzeren gezogen. Anschließend soll der OB mit einem SPD-Stadtrat eine auf den Bauunternehmer zugeschnittene Ausschreibung in den Stadtrat eingebracht haben - die dort dann auch beschlossen wurde.

Sechs Tage später beschloss die Gesellschafterversammlung des finanziell angeschlagenen SSV Jahn, dessen Aufsichtsratsvorsitzender Wolbergs ist, eine Kapitalerhöhung. Diese soll der beschuldigte Bauunternehmer Ende 2014 und im Mai 2015 mit 1,7 Millionen Euro verwirklicht haben. „Diese Zuwendungen soll der beschuldigte Unternehmer als vereinbarte Gegenleistung für den Zuschlag beim Kasernenareal geleistet haben“, heißt es von der Anklagebehörde.

Die SPD in Bayern reagierte überrascht

Die Ermittler durchsuchten am Mittwoch auch mehrere Objekte, um weitere Unterlagen zu erlangen, „die den Ermittlungsbehörden bislang vorenthalten wurden“. Die Staatsanwaltschaft geht von „besonders schweren Fällen“ der Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung aus. Dafür sind Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren möglich.

Wolbergs hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Um seine Unschuld zu beweisen, hatte er auch ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt. Ende Dezember äußerte er sich zum bislang letzten Mal öffentlich zu dem Fall und beteuerte: „Ich war niemals in meinem Leben käuflich, niemals.“ Er sei „felsenfest davon überzeugt, dass ich mich immer korrekt verhalten habe“. In der nicht gerade von Erfolgen verwöhnten Bayern-SPD galt Wolbergs einst als einer der größten Hoffnungsträger - neben Münchens OB Dieter Reiter und dem Nürnberger OB Ulrich Maly. Wolbergs Amtsgeschäfte übernimmt nun die zweite Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD).

Die SPD in Bayern reagierte überrascht und erschrocken auf die Verhaftung: „Im Raum stehen Vorwürfe, die eine neue Qualität haben“, sagte Generalsekretärin Natascha Kohnen bei der Klausur der Landtagsfraktion in Kloster Irsee. Dass ein amtierender OB einer größeren Stadt im Amt verhaftet wird, ist eine Seltenheit. Beim Städtetag in München ist ein ähnlicher Fall nicht bekannt.