340 Kilogramm hat die Bestseller-Autorin Nicole Jäger einmal gewogen. Dass sie sich in den vergangenen sieben Jahren um die Hälfte reduziert hat, schaffte sie nur mit Essen – mit „normalem Essen“, wie sie sagt. Am 8. Mai performt die 33-Jährige im Theaterhaus ihr Buch „Die Fettlöserin“.

Frau Jäger, wann haben Sie das letzte Mal etwas gegessen?
Ach, ich esse eigentlich den ganzen Tag. Ich nehme täglich viele kleine Mahlzeiten zu mir, damit ich keinen Hunger habe. Nur mit dem Unterschied zu früher, dass es keine ungesunden Sachen mehr sind, sondern ich Obst und Gemüse esse.
Essen Sie denn gar keine fetten Sachen wie Pizza oder Schokolade mehr?
Klar esse ich auch heute noch ungesunde Sachen. Aber eben alles in Maßen. Früher habe ich mir ganz alleine eine Familienpizza reingezogen. Heute esse ich eine normal große Pizza und höre auf mit essen, wenn ich keinen Hunger mehr habe. Am Ende des Tages kommt es darauf an, dass die Energiebilanz stimmt.
Sie haben Ihr Gewicht in den vergangenen sieben Jahren von 340 Kilo auf 170 Kilo halbiert. Wie schafft man so etwas?
Indem man sein Essverhalten ändert und Sport treibt.
Sport zu machen ist mit einem solchen Gewicht aber sicher nicht einfach.
Nein, ist es nicht. Vor allem der Anfang war mühselig und schmerzhaft. Ich hatte überhaupt keinen Spaß daran, hatte aber das Glück, an einen tollen Fitnesstrainer zu geraten, der mich nicht ausgelacht hat und den Mut hatte, sich um mich zu kümmern.
Nun kommt die Frage, die Sie sicher schon häufiger gehört haben, aber: Wie schafft man es denn, so dick zu werden? Haut man nicht vorher mal die Bremse rein?
Natürlich wog ich nicht plötzlich 340 Kilo. Und natürlich habe ich gemerkt, dass ich immer fetter wurde. Dass alles immer beschwerlicher wurde. Aber zu essen war für mich jahrelang die Antwort auf alles. Ich futterte, wenn es mir gut oder schlecht ging, wenn ich mich belohnen oder bestrafen wollte.
Und wie kam es dann zu Ihrem Sinneswandel?
Eines schönen Tages hatte ich das Gefühl, gerade einen Herzinfarkt zu erleiden. Ich lag auf dem Bett, bekam kaum noch Luft und dachte, jetzt habe mein letztes Stündlein geschlagen. Diese Todesangst hat mich zu der Erkenntnis gebracht, dass es so nicht weitergehen kann.
Sie hätten sich ja auch den Magen verkleinern lassen können.
Ja, ich habe darüber nachgedacht und hatte sogar schon einen OP-Termin. Den habe ich aber kurz vorher wieder abgesagt.
Warum? Das wäre doch die bequemste Lösung gewesen?
Ja, wäre es vielleicht. Aber ich lasse mir ja auch nicht vorsorglich die Hände abschneiden, nur um mir nie wieder etwas auf den Fuß fallen zu lassen. Es ändert sich ja nichts an meinen Gefühlen oder Baustellen im Leben, nur weil ich nicht mehr essen kann. Eine Operation wäre wie eine Krücke gewesen, und ein paar Jahre später wäre ich doch wieder am selben Punkt angelangt.
Was haben Sie also anstatt dessen getan?
Ich hatte in einem Fernsehbeitrag gehört, dass weniger als zwei Prozent aller Übergewichtigen es langfristig schaffen, aus eigener Kraft abzunehmen. Und dann habe ich beschlossen, dass ich zu diesen zwei Prozent gehören und es schaffen möchte.
Mit einer speziellen Diät?
Diäten hatte ich in den Jahren zuvor natürlich auch schon ausprobiert. Ich kenne sie alle, von der Ananas-Diät bis hin zur Kohlsuppen-, Kartoffel-, Erdbeer-, Eier-Diät. Alle habe ich ausprobiert, und alle haben nur das eine Ergebnis: Kurzfristig nimmt man ab, und sobald man wieder normal isst, haut man sich die Pfunde doppelt und dreifach wieder drauf. Außerdem muss man sich doch vor jeder Diät fragen, ob es das ist, was man für den Rest seines Lebens machen möchte. Kann man diese Frage mit „Nein“ beantworten, dann ist die Sache doch schon klar.
Und wie lief’s mit dem Abnehmen?
Mit Spaß hat abnehmen zwar rein gar nichts zu tun, aber ich habe mit weniger Gewicht deutlich mehr Lebensqualität. Mein Ziel ist es, irgendwann weniger als 150 Kilo zu wiegen – und irgendwann möchte ich auf eine zweistellige Zahl auf der Waage kommen.
Sie haben ein Buch über Ihren Abnehmerfolg geschrieben, nun kommen Sie mit einem Bühnenprogramm nach Stuttgart. Worum geht’s da?
„Ich darf das, ich bin selber dick“ ist ein zweistündiges Programm mit Kabarett, Poetries und Lesung über den Körper, die Gesellschaft, Diäten und andere Störfaktoren. Es darf gelacht, aber auch geweint werden, denn das Verhältnis der meisten Menschen zu ihrem Körper ist tragikomisch.