Die Gemeinde Schwieberdingen sieht sich gezwungen, den Namen der Kita zu nennen, in der ein 20-Jähriger drei Kinder missbraucht haben soll. Denn beim Namen der Einrichtung droht Verwechslungsgefahr.

Schwieberdingen - Einen Tag, nachdem bekannt geworden ist, dass ein 20-jähriger Erzieher an einer Kindertagesstätte Kinder sexuell missbraucht haben soll, ist nun klar, an welcher Einrichtung die Übergriffe passiert sein sollen: Es handelt sich um die privat betriebene Kindertagesstätte Piccolo Paradiso in Schwieberdingen. Dort werden nur Kinder von Mitarbeitern des Unternehmens Bosch betreut werden.

 

Polizei und Staatsanwaltschaft hatten am Mittwoch aus Datenschutz- und Ermittlungsgründen darauf verzichtet, den genauen Standort zu nennen. Auch einen Tag später haben die Behörden keine neuen Erkenntnisse zum Fall: Der Tatverdächtige schweige zum Vorwurf, drei Kinder sexuell missbraucht zu haben, in einem Fall sogar schwer. Der Mann wurde Anfang April festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Die Gemeine nennt den Namen der Kita

Die Verwaltung im Schwieberdinger Rathaus sah sich zur Nennung der Kita gezwungen, nachdem sie in Anfragen von Journalisten bereits auf den Name der Einrichtung angesprochen wurde. „Wir haben das getan, um die Mitarbeiter unserer gemeindlichen Kitas zu schützen. Zudem wollten wir eine Unklarheit ausräumen“, sagt Florian Bausch, Sachgebietsleiter des Haupt- und Ordnungsamts.

Denn in Schwieberdingen gibt es zwei Kitas mit dem Namen Piccolo Paradiso. Beide haben denselben privaten Betreiber. Während die Gemeinde bei der einen Plätze für externe Kinder reserviert hat, ist die andere in der Daimlerstraße ausschließlich Kindern von Bosch-Mitarbeitern vorbehalten. Die Einrichtung, an der die sexuellen Übergriffe stattgefunden haben sollen, ist jene an der Daimlerstraße gelegene, beim Werkgelände liegende Kita. 80 Kinder von Mitarbeitern im Alter von null bis drei Jahren werden dort betreut. Die Gemeinde legt Wert darauf, dass Name und Betreiber gleich sind, das Personal aber ein anderes. So soll der beschuldigte Erzieher nicht auch in der anderen Piccolo-Paradiso-Kita gearbeitet haben. Der Betreiber der Kitas war am Donnerstag telefonisch nicht erreichbar. In einem auf der Homepage veröffentlichten Brief reagiert die Kita-Leiterin Julia Uebachs auf die Vorwürfe. „Wir sind schockiert und bestürzt, dass Kinder in unserer Kindertagesstätte Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sein können“, heißt es dort.

Man habe dem Verdächtigen fristlos gekündigt und ihn freigestellt. „Wir kooperieren vollumfänglich mit den Behörden, um zu einer lückenlosen Aufklärung der Vorwürfe beizutragen“, heißt es weiter in dem Brief.

Bosch fordert Maßnahmen vom Betreiber

Auch bei Bosch ist man „tief betroffen“ über die Vorkommnisse, wie die Standortsprecherin Christiane Spindler sagt. Man habe den Betreiber zu sofortigen Maßnahmen zum Schutz der Kinder aufgefordert. Dazu gehöre beispielsweise, dass beim Wickeln der Kinder weiterhin immer zwei Betreuer anwesend sein müssen sowie ein Smartphone-Verbot für Mitarbeiter. Die betriebliche Sozialberatung biete betroffenen Eltern Gespräche an. Diese können sich auch an die Fachberatungsstelle Silberdistel in Ludwigsburg wenden.

Ob Bosch nun die seit 2010 bestehende Kooperation mit dem Betreiber beendet, sei „reine Spekulation“. Der Kita-Betrieb laufe weiter. Ob es seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe Abmeldungen durch Eltern gegeben habe, müsse der Betreiber beantworten. Die betroffenen Eltern wurden in einer gemeinsamen Veranstaltung der Polizei Ludwigsburg und der Kita-Betreiber über den Fall informiert. Schwieberdingen hat auch Eltern der kommunalen Einrichtungen in Kenntnis gesetzt.

Die Erzieher-Gewerkschaft GEW betont, dass Fälle von sexuellem Missbrauch durch Erzieher „extrem selten“ seien, sagt der Landesgeschäftsführer Matthias Schneider. Pädophile Neigungen würden zwar im Laufe der vierjährigen Ausbildung mit großer Wahrscheinlichkeit entdeckt: „Man kann es aber nie ganz ausschließen.“