Nicht nur Biolandwirte setzen keine Chemie ein. Die StZ-Leser haben bei einer Führung über den Renninger Hof Lauerhalde erfahren, wie Landwirtschaft funktioniert. Jüngere Teilnehmer durften außerdem Gemüse ernten, Mehl herstellen und Tiere streicheln.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Renningen - Idyllisch liegt der Hof von Christian und Gabi Zimmermann im Nordwesten Renningens inmitten von Feldern und grünen Wiesen. Es ist ruhig, nur ein paar Radfahrer testen die sanften Steigungen. Gabi und Christian Zimmermann (beide 38) haben in Stuttgart-Hohenheim Agrarwissenschaften studiert, bevor sie den Bauernhof von Christians Eltern übernahmen. „Mit 30 Hektar sind wir ein relativ kleiner Betrieb“, sagt er gleich zu Beginn. In den kommenden vier Stunden zeigt das Paar den Kindern, deren Eltern und Großeltern, wie Landwirtschaft funktioniert und wie sich ein Bauernhof heutzutage rentiert.

 

„Klassische Landwirtschaft reicht bei einem so kleinen Hof nicht aus“, sagt Christian Zimmermann. Durchschnittliche Betriebe in Baden-Württemberg hätten mehr als 50 Hektar Platz, dagegen ist der Hof Lauerhalde richtig übersichtlich. Das Ehepaar hält 40 Schweine, 200 Masthähnchen und 500 Hühner sowie drei Ziegen, ein Pony und einen Esel, Hunde, Katzen und einige Kaninchen. Erst vor zwei Jahren haben die Zimmermanns die Zahl ihrer Schweine deutlich reduziert: von 120 auf 40. Seitdem produzieren sie nur noch für den eigenen Hofladen, also direkt für die Kunden und nicht für den globalen Markt.

Im September kommen 200 Freilandhühner auf den Hof

Während sich die Zahl der Schweine reduziert hat, bekommen die Hühner im September Zuwachs. Rund 200 Tiere werden dann in einem „Hühnermobil“ auf der Wiese wohnen: Der Stall auf Rädern erinnert an einen Wohnwagen. Um den Wagen wird ein Zaun gezogen, sodass die Tiere tagsüber draußen sein können. „Die Hühner bleiben so lange in dem umzäunten Bereich, bis sie all den Klee gegessen haben“, erläutert Christian Zimmermann. Dann zieht das Hühnermobil etwa 50 Meter weiter und die Hühner können dort picken. Dies wiederholt sich bis zu zehn Mal – dann können sie wieder an den Ursprungsort zurück. Die Tiere, die dort leben werden, gelten als Freilandhühner. Nach einem Jahr werden sie, genau wie die Hühner aus Bodenhaltung, als Suppenhuhn im Hofladen verkauft. Denn vom zweiten Lebensjahr an legen die Tiere weniger Eier, ihre Haltung rentiert sich nicht mehr.

Nach den Hühnern geht es weiter zu den 40 Schweinen. Zehn Tiere kommen auf jeweils eine Box und einen Außenbereich. Im Sommer steht der Stall offen, im Winter gibt es Stoßlüftung. Die Zimmermanns geben, anders als andere Bauernhöfe, keine Futterzusätze in die Nahrung der Schweine und Hühner. Sie stammt größtenteils aus eigenem Anbau. „Bei uns sind die Schweine nach etwa sechs Monaten schlachtreif“, sagt Christian Zimmermann. Wenn Bauern dagegen ihre Schweine mit Futterzusätzen füttern, erreichen sie ihr Schlachtgewicht von rund 120 Kilogramm deutlich früher.

Der Hof verzichtet komplett auf den Einsatz von CHemie – Bio ist er aber nicht

Nachdem alle Tiere begutachtet sind, bekommen die Teilnehmer einen Einblick in den Ackerbau. Obwohl der Hof Lauerhalde kein Biobauernhof ist, verzichtet die Familie auf den Einsatz von Chemie. Die Fruchtfolge ist klar festgelegt: „Im ersten und zweiten Jahr bauen wir Luzerne an, dann folgen der Winterweizen, die Sommergerste, ein Eiweißträger wie die Soja- oder Ackerbohne und im sechsten Jahr Dinkel.“ Der Nabu-Landwirtschaftsreferent und Leiter des „Dialogforum Landwirtschaft und Naturschutz“ Jochen Goedecke, der die Veranstaltung mit organisierte, ist begeistert: „Indem die Familie Zimmermann eine mehrgliedrige Fruchtfolge einhält, kann sie, wie die Landwirte früher auch, auf Pflanzenschutzmittel verzichten.“ Außerdem könnten die Kunden sehen, woher die Produkte kommen und wohin ihr Geld fließe. Der Hof sei ein gutes Beispiel dafür, wie sich Landwirtschaft und Naturschutz auch in einem konventionellen Betrieb gut vereinbaren lassen.

Während Christian Zimmermann sich um die Erwachsenen kümmert, begleitet seine Ehefrau Gabi die jüngeren Teilnehmer. „Wir durften die Kaninchen, Hühner und das Pony streicheln. Nur der Esel hatte keine Lust“, erzählt Elisa Ritt (10) begeistert. Ihre Mutter Eva Ritt hat sich mit Greta und dem jüngeren Sohn Fabian (7) zum ersten Mal für die Sommerferienaktion angemeldet – und wurde prompt gezogen. Auch für sie war die Führung interessant: „Ich hätte nicht gedacht, dass die Zimmermanns das Futter für die Tiere selbst anbauen“, sagt die Leonbergerin.

Die Zimmermanns bieten häufig Führungen auf dem Hof an

Schon zum zweiten Mal an der Sommerferienaktion teilnehmen darf Greta Sander (9) mit ihrer Schwester und dem 72-jährigen Opa. „Letztes Jahr wurden wir für den Baumwipfelpfad gelost, und dieses Jahr hat es wieder geklappt“, sagt Greta. Dann widmet sie sich wieder dem Stein, mit dem sie über Körner mahlt, um Mehl zu erzeugen. Ihre Schwester erntet unterdessen auf dem Feld Karotten und Salat. „Ich halte es für wichtig, dass Kinder lernen, dass hinter den Lebensmitteln viel Arbeit steckt“, sagt Christian Zimmermann. Das ist auch einer der Gründe, warum das Paar häufig Führungen anbietet: „Wir haben öfter Schulklassen oder Studenten der Agrarwissenschaften bei uns“, sagt Gabi Zimmermann. Gretas Opa Günther Tibke ist zufrieden mit dem Tag: „Meine Tochter muss packen für den Urlaub“, sagt er. Am nächsten Tag geht es für die ganze Familie, die in Stuttgart lebt, nach Sankt Peter-Ording an die Nordsee. „Da passt es super, dass ich ihr die Mädchen heute abnehmen konnte.“ Außerdem ist Tibke schon jetzt ein großer Fan der Familie Zimmermann. „Die beiden sind mit Leib und Seele dabei, der Tag war sehr spannend“, lobt er. „Und außerdem weiß ich nun ein gutes Brot wieder zu schätzen, nachdem ich erfahren habe, wie viel Arbeit dahintersteckt.“