Besuch im Bundestag Der Papst allein auf weiter Flur

Das wird ein seltsames Gefühl für Papst Benedikt XVI.: Bei seinem Besuch im Bundestag könnten viele Stühle leer bleiben - vor allem die der SPD.
Berlin - Stell Dir vor, der Papst kommt, und keiner geht hin? Ganz so wird es auf jeden Fall nicht kommen, wenn Benedikt XVI. am übernächsten Donnerstag im Bundestag in Berlin spricht. Das Hohe Haus wird proppenvoll sein - da ist sich die Parlamentsverwaltung ganz sicher. Dass alle Abgeordneten dem Gast aus Rom die Ehre erweisen, ist damit aber nicht gesagt. Bei der SPD gibt es Schätzungen, dass bis zu einem Viertel aller Parlamentarier dem Papst die kalte Schulter zeigen könnte.
Je nach Couleur wird das für viel oder wenig, affrontverdächtig oder tolerabel gehalten. "Höchstens bei einem Hammelsprung sind mal 75 Prozent der Abgeordneten im Bundestag", sagt entschuldigend der eine. "Und das, nachdem der Ältestenrat die Einladung des Heiligen Vaters einvernehmlich vereinbart hat", moniert pikiert ein anderer.
Bei der Opposition gibt es viele Kritiker
Nur Union und FDP rechnen damit, dass alle Fraktionsmitglieder, die kommen können, auch kommen werden. Bei der Opposition gibt es deutlich mehr Kritiker, denen der Papstauftritt im Bundestag generell gegen den Strich geht - sei es wegen der Sexualmoral der katholischen Kirche, ihrer Aidspolitik, dem Umgang mit den Missbrauchsfällen oder weil sie die Visite des Religionsführers für unvereinbar mit der Trennung von Kirche und Staat halten.
Schätzungen, wonach die Hälfte der Linksfraktion den Papst boykottiert, hält der Fraktionssprecher zwar für überhöht, aber er ist sicher, dass der "ehemalige Chefideologe des Vatikans" mit Absenzen umgehen könne. Die Grünen haben noch keinen Überblick, meinen aber, dass mehr als die Hälfte ihrer Fraktionäre kommt.
Reihen werden mit ehemaligten Abgeordneten gefüllt
Die SPD dagegen hat ein Problem. Rolf Schwanitz, ein Sprecher der "Laizisten in der SPD", hofft, dass mindestens jeder dritte SPD-Abgeordnete lieber zur Anti-Papst-Demo oder sonst wohin geht als zu Benedikt XVI. in den Bundestag. "Das ist eine Schätzung, die auf der Resonanz der vergangenen Wochen beruht", sagt er. Diese Quote wäre so peinlich, dass die Fraktionsspitze inzwischen eine schriftliche Anwesenheitsumfrage gestartet hat. Immerhin gelten die Kirchen manchem Vertreter des Willy-Brandt-Hauses als wichtigste Verbündete der SPD für Fragen der Sozialpolitik und Gerechtigkeit, die noch vor den Gewerkschaften rangieren. "So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt dagegen Rolf Schwanitz zum Zählappell. Seine unterdessen mehr als tausend Mitglieder zählende Gruppe der "Laizisten in der SPD" lehnt den Papstauftritt als "Zeichen der weiteren Verkirchlichung der Politik" ab.
Damit leere Plätze unter den Genossen nicht auffallen, will die SPD-Fraktion ihre Reihen mit ehemaligen Abgeordneten auffüllen. Ein SPD-Fraktionssprecher betont, dass das von allen Fraktionen so gehandhabt werden solle. Aber das ist nicht korrekt. Zwar gibt es eine interfraktionelle Absprache, wonach ausnahmsweise auch ehemalige Parlamentarier Zutritt zum Plenum erhalten, aber das wurde laut Bundestagsverwaltung nur vereinbart, weil so viele Ex-Abgeordnete Benedikt unbedingt live erleben wollten. Für sie würden Plätze hinter der normalen Bestuhlung geschaffen.
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