Es ist ein bisschen wie bei Ikea, wo man ja auch durch die Wohnungen von Leuten läuft, die es gar nicht gibt. In dieser netten kleinen Wohnung lebt immerhin jemand, allerdings nur dann, wenn die Kamera läuft. Es ist das Zuhause von Lea Gomez, einer der Kommissarinnen der „Soko Stuttgart“. Sie hat dieselbe Adresse wie ihr Kollege Rico Sander und sogar wie Schrottis Werkstatt und sämtliche Büros der Polizisten. Denn sie befinden sich alle im Römerkastell Stuttgart.
Das alte Gemäuer gibt den Schauplätzen die Würze
2009 ist die „Soko Stuttgart“ in das Studio im Römerkastell eingezogen. Auf 1600 Quadratmetern Fläche sind all die Drehorte fest eingerichtet, die der Fernsehserie ihren typischen Look geben. Die ehemalige Kaserne wartet mit vielen spannenden Details auf, die den Spielorten die Würze geben. Die roten Backsteinwände, die alten Heizungen oder die großen Glasfronten sind hundert Jahre alter Originalbestand.
In den Aktenordnern ist nichts drin
Kaum hat man Jo Stolls schwarzen Sportwagen hinter sich gelassen, der im Innenhof des Römerkastells parkt, schon scheint man mittendrin zu sein in dem Vorabendkrimi und würde sich nicht wundern, wenn die allzu emsige Polizistin Beyer hinterm Tresen auftauchte, die von Bärbel Stolz gespielt wird. Alles wie im Film – die Schreibtische und Computer, die Plakate im Flur und die blinkende Überwachungskamera. Man muss schon genau hinsehen, erst dann merkt man, dass in den Ordnern, die ordentlich in die Regale einsortiert wurden, nichts drin ist – obwohl „BKA“ und „Anzeigen“ auf den Rücken steht.
Das Geheimnis der Sprungwand
In Kaisers Büro würden sich auch reale Chefs wohlfühlen. Doch die Dramaturgin Nicole C. Buck schiebt kurzerhand die Wand hinter dem Schreibtisch weg. „Das ist eine Sprungwand“, erklärte sie, ist die Wand geöffnet, kann die Kamera aus der Chefperspektive drehen. Immer wieder ist man versucht, in den Wohnungen und Büros an die Wände zu klopfen. Alles schaut perfekt und real aus –der Aufzug auf der Krankenstation wird allerdings von fleißigen Händen hinter der Wand mit einem Seilzug geöffnet.
Die medizinischen Geräte im Krankenzimmer sind sogar noch funktionstüchtig, laufen beim Dreh aber nicht, weil sie zu laut wären. Die Herzfrequenz auf dem Monitor wird bei der Postproduktion einmontiert, moderne Technik macht’s möglich.
Dekorationsteile vom Sperrmüll
Im Varioraum, der immer neu eingerichtet wird, stehen dagegen echte alte Türen, denn im Szenenbild sei inzwischen der „grüne Gedanke“ angekommen, sagt Nicole C. Buck, um Umwelt und Klima zu schonen, stammen Dekorationsteile oft vom Sperrmüll. Perfekt gefaket wurden dagegen die Wände der Kneipe, in der sich die Kommissare von der neuen Staffel an öfter eine Pause gönnen werden. Sie sind gefliest – beziehungsweise sehen gefliest aus. Echte Kacheln wären nicht nur zu schwer für die Kulissenwände gewesen, sie hätten auch gespiegelt, deshalb wurden sie von Hand gemalt.
Das Designbüro ist völlig unrealistisch – meinte die echte Polizei
In dem Studio gibt es immer etwas zu bauen oder zu basteln. Da im deutschen Fernsehen Produktplacement verboten ist, werden auch Medikamente oder die Produkte im Snackautomat selbst gestaltet. Der Sezierraum ist dagegen original, er wurde gebraucht angekauft. Die Gläser mit eingelegtem Irgendwas hat die Requisite befüllt. „Es ist ein bisschen ,Charité’ und nicht 2022“, sagt Buck, „aber es hat einen Effekt.“ Da man einen Krimi und keine Doku dreht, residiert auch Kommissar Rico Sander in einem futuristischen Hightech-Fuhrpark. „Völlig irreal“ meinte mal eine Besuchergruppe der (echten) Polizei.
Straßenszenen sind ein Fake
Die vielen Räume scheinen kein Ende zu nehmen – und doch ist auch hier im Römerkastell der Platz zu knapp. Deshalb hat jemand die Salatbar vom Catering mal eben in die Zelle vors Klo geschoben. Vor dem Schießstand, an dem die Polizisten trainieren, stehen riesige Monitore, die bei Straßenszenen gebraucht werden. Denn die werden nicht etwa in der Stadt, sondern in Schrottis Werkstatt gedreht, wo Astrid Fünderich als Hauptkommissarin Martina Seiffert oder Peter Ketnath als ihr Kollege Joachim Stoll im Wagen sitzen, während Straßenaufnahmen auf den Monitoren vorbeirauschen. In Schrottis Werkstatt steht auch ein Wagen, der hier eigentlich nichts zu suchen hat: der knatschrote Fiat 500 aus der Serie „Dr. Klein“.
Ein Hausboot ohne Bad
Zum Schluss ein Schauplatz, der bei manchem Fernsehzuschauer Sehnsüchte weckt: das Innere des Hausboots von Kommissar Stoll. Die Steckdosen sind aufgeklebt. Und wenn Stoll mit nassen Haaren aus der Dusche steigt, verrät Nicole C. Buck, komme er nur hinter einem Wandvorsprung heraus. Denn ein Bad gibt es hier so wenig wie bei Lea Gomez. Außenaufnahmen des Bootes werden vermieden, wenn es möglich ist, denn das sei teuer und „wahnsinnig wetterabhängig“, erzählt Buck: Stolls stylishes Domizil ist eigentlich ein Feuerwehrboot, das im Stuttgarter Hafen liegt.
Soko Stuttgart. ZDF, Start der 14. Staffel Donnerstag, 22. September, 18 Uhr.