Die Resonanz auf die Erweiterung des Böblinger Mineralbads hat die Erwartungen von Rolf Dettinger bei Weitem übertroffen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Die Investitionen in die Böblinger Therme haben sich offenbar gelohnt: Nach der Erweiterung hat es einen regelrechten Besucheransturm gegeben – mitten im Sommer. Deshalb rechnet Rolf Dettinger im Winter mit viel Betrieb. Aber der Geschäftsführer des städtischen Tochterbetriebs hat einen Plan.

 
Herr Dettinger, wie lautet Ihr Fazit seit der Wiederöffnung?
Die Resonanz übertrifft unsere Erwartungen bei weitem. Wir wussten ja nicht, ob unsere Kunden in der viermonatigen Schließzeit Alternativen zu uns gefunden haben. Aber wir haben unsere Stammkunden gleich wieder aktivieren können. Dazu sind noch viele Neugierige gekommen. Im August, September und Oktober hatten wir 20 Prozent mehr Bade- und Saunagäste. Und sie bleiben jetzt länger, sechs statt der bisherigen drei Stunden.
Dabei sagten Sie vor der Erweiterung, dass Ihr Ziel eben nicht die Steigerung der Besucherzahlen sei . . .
Normalerweise schwächt sich so ein Impuls wieder ab. Als wir im Jahr 2010 die Birken- und Meerklimasauna eröffnet haben, sind die Besucherzahlen auf 465 000 im ersten Jahr gestiegen – und langsam wieder auf 430 000 gesunken. Mit der Erweiterung wollen wir im Schnitt auf 450 000 Besucher kommen, das würde permanent unsere Kosten decken – und die Aufenthaltsqualität wäre hoch. Wir würden auch 20 000 zusätzliche Gäste verkraften.
Was passiert, wenn die Zahlen auf dem hohen Niveau bleiben?
Das wäre ein Luxusproblem. Wir rechnen 2018 mit 460 000 Besuchern.
Haben Sie Ihre Ziele also erreicht?
Ohne Abstriche! Der Plan von der „Therme 4.0“ war eine Bedarfsanpassung bei den Kapazitäten und die Steigerung der Aufenthaltsqualität. Ein Beispiel: Wenn 50 Leute aus dem Sauna-Aufguss herauskommen, hatten sie früher 35 Liegeplätze und 35 Gastroplätze zur Auswahl, heute stehen Ihnen allein fast 90 Liegen zur Verfügung.
Bestehen Sie auch den Wintertest?
Es wird natürlich Tage geben, an denen die Bude voll ist, vor allem an verregneten Wochenenden und in den Winterferien. Aber das sind unsere Gäste gewohnt. Und durch die neuen Rahmenbedingungen wird es deutlich entspannter als bisher. Mir macht der Winter keine Sorgen. Wir haben einen Plan entwickelt: Durch zusätzliche Angebote sorgen wir dafür, dass jeder auf seine Kosten kommt. Um den Andrang bei den Aufgüssen in der Sauna abzufedern, gibt es beispielsweise parallel im Dampfbad Programm. Die Gäste müssen einfach für sich herausfinden, ob sie es lieber ruhiger wollen – und sollten dann montags kommen.
Wie haben die Gäste reagiert?
Viele Gäste sind durch die Drehtüre am Eingang gegangen und dann erst einmal erstaunt stehen geblieben. Man meint, die 28 Jahre alte Therme sei einem Jungbrunnen entstiegen. Wir haben jetzt das Niveau eines Vier- bis Fünfsternehotels. Die Gäste sehen, dass wir nicht gegeizt haben. Und wir sehen an den Rückmeldungen, dass sich die große Mehrheit gefreut hat.
Woher wissen Sie das so genau?
Zwischen August und Oktober wurden 700 Meckerzettel abgegeben, die werte ich genau aus. 400 dieser Zettel waren positiv, 300 Besucher haben darauf ausdrücklich geschrieben, dass sie mit der Neugestaltung total zufrieden sind – und dass es schön geworden ist. Die Farben, die Materialien, die Möbel, die vielen gemütlichen Nischen und der herrliche Saunagarten werden unheimlich gelobt. Kritik gibt es nahezu keine. „Wegen mir hätte man das Geld nicht ausgeben müssen“, haben 26 Besucher geschrieben, anderen gefallen die Bodenfliesen nicht. Das Allerschlimmste war, dass unsere Wanduhren nicht rechtzeitig da waren, weil der Elektriker vergessen hatte, sie zu bestellen: Über die Interimsuhren haben sich 110 Gäste beschwert. Viele takten ihren Aufenthalt richtig durch, von der Wassergymnastik über die Rückenschule bis zum Aufguss. Da muss man die Zeit immer im Blick haben.
Nach all den Investitionen: Machen Ihnen die Sindelfinger Pläne Sorgen, möglicherweise einen Investor ein riesiges Spaßbad mit Saunalandschaft bauen zu lassen?
Wir und andere Kollegen sagen, dass der Markt hier gut gesättigt ist. Wenn der Investor nach Sindelfingen kommt, führt es dazu, dass die Kommunen drumherum entweder Geld verlieren oder wettrüsten müssen. Die Stadt Sindelfingen sollte daran denken, dass die Böblinger Therme auch direkt vor der Haustüre ihrer Bürger liegt und das Angebot ihren Haushalt gar nichts kostet. Uns würde es dagegen sicher 40 000 bis 50 000 Besucher kosten, und unser wirtschaftliches Ergebnis wäre schlechter. Aber die Nische, die die Therme bietet, wäre dann umso charmanter.
Wird die Wellness-Welle irgendwann wieder abebben?
Ich bin mir sicher, dass sich der Wellness-Trend nicht so schnell tot läuft. Die Menschen kommen immer weniger zur Ruhe, weil sie ständig online sind. Deshalb ist der Wunsch nach Entschleunigung sehr groß. In unserem Saunagarten tummeln sich vor allem Berufstätige. Die genießen einfach das Feuer oder die Wärmeliegen. Und wir bieten jetzt den Standard eines Luxushotels zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.