Im Ostergarten Stuttgart kann man die letzten Tage von Jesus erleben. Dieses Jahr markieren etwa 19 000 Gäste im Sommerrain einen neuen Besucherrekord.

Jesus wird von Legionären abgeführt. Jesus steht in der Requisite und vergewissert sich, dass das Gewand sitzt. Jesus entspannt sich im Kreise von Kollegen in einem Zelt auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei Munder. Hier hat in diesem Jahr zum vierten Mal der Ostergarten Stuttgart seine Pforten geöffnet. 15 Jesusse und 231 weitere Darsteller sind seit dem 24. März im Einsatz, um die Ostergeschichte für Besucher lebendig werden zu lassen. Ehrenamtlich. Hinzu kommen fast 500 Helfer, die dafür sorgen, dass das Ambiente stimmt, die Technik funktioniert und Teilnehmer an den szenischen Führungen wie Team kulinarisch versorgt sind.

 

Projektleiter Andreas Munder ist sichtlich begeistert, was sich aus seiner Vision entwickelt hat, den Markt von Jerusalem, den Garten Gethsemane oder den Hof des Hohepriesters, wo Petrus seine Zugehörigkeit zu Jesus verleugnet, auf 2000 Quadratmeter Gewächshausfläche zu vereinen.

Vergangenheit und Gegenwart rücken näher

Im Jahr 2017 nahm die Idee erstmals Gestalt an. Von Anfang an seien immer helfende Hände da gewesen, wenn man sie gebraucht habe, berichtet der 62-Jährige. Zimmerleute, Techniker, Kostümschneiderinnen – die Bereitschaft zur Unterstützung des Unterfangens war und ist groß. „Sämtliche Blumen, die wir dieses Jahr hier haben, sind Spenden einer Gärtnerei aus Kornwestheim“, nennt Munder ein konkretes Beispiel. Nur so kann etwa die Blütenpracht im „Auferstehungsgarten“ immer wieder erneuert werden. Der Raum lässt den See Genezareth und Stuttgart, Vergangenheit und Gegenwart, ganz nah zusammenrücken. Jesus am Eckensee? Auch das ist unter den Gewächshausdächern an der Masurenstraße möglich.

Eine Fußwaschung ist möglich

„Ich fand es sehr bewegend“, zeigt sich der 47-jährige Julian Kümmerle begeistert, als er nach seiner biblischen Zeitreise den Bereich mit Kaffeetheke und kleinem Ostergarten- Shop betritt. Man spüre die Begeisterung und Hingabe aller Beteiligten und merke die Liebe zum Detail, auch in der Gestaltung der Räume. Dass es sich um Laiendarsteller handelt, sieht er als Gewinn: So wirke alles authentischer. Nicht einfach heruntergespielt. Dietmar Hoene (57) sieht die 2000 Jahre alte Geschichte aus dem Neuen Testament auf gelungene Weise ins Heute transportiert. „Die Erfahrungen der Menschen, die in die Rollen schlüpfen, fließen mit ein“, schildert er seine Eindrücke. Auch würden die Besucher direkt mit einbezogen. Und das mit allen Sinnen. Auf dem Markt duftet es nach orientalischen Gewürzen. Beim letzten Abendmahl sitzen die Gäste mit Jesus bei Tisch. Eine Fußwaschung ist möglich.

19 000 Menschen werden Deutschlands größten Ostergarten besucht haben, wenn am Dienstag zum Abbau geblasen wird. Nur ein Tag, dann wird der Großteil des Bibel-Ambientes verschwunden sein. Vom Quasi-Streichelzoo im Wartebereich für die 30-köpfigen Besuchergruppen bis zum Felsen, an dem Jesus mit Gottes Kreuzigungsplänen ringt. „Ich bin mir sicher, dass ein paar Tränen fließen werden, wenn es für dieses Jahr vorbei ist“, spricht Andreas Munder aus Erfahrung. Seine Idee hat auch hinter den Kulissen Früchte getragen. Im 2020 gegründeten Verein Ostergarten Stuttgart engagiert sich eine Vielzahl christlicher Gemeinden und Institutionen. Vor Ort ist eine Gemeinschaft zusammengewachsen, die Munder mit einer Familie vergleicht. Es sei manchmal durchaus anstrengend, merkt er an. Dennoch falle kein böses Wort.

2025 soll es weitergehen

Nach zwei Jahren gönnt der Ostergarten-Gründer sich und dem Team jeweils eine Pause. So wird es erst im Jahr 2025 weitergehen. Mit einigen Neuerungen. Die Inszenierung soll lebendig bleiben. Das sei reizvoller, findet Munder, der vor allem ein großes Anliegen hat: „Pfingsten und seine Bedeutung sind fast in Vergessenheit geraten. Wir wollen dazu beitragen, dass Ostern im Bewusstsein bleibt.“