Weil es immer mehr Kleinkinder gibt, bauen die Städte im Stuttgarter Raum ihre Betreuungseinrichtungen aus. Doch es fehlt an pädagogischem Fachpersonal – sodass der Platz in den Kitas teilweise nicht genutzt werden kann.

Politik: Lisa Kutteruf (lis)

Ludwigsburg - Paare mit Kinderwunsch müssen schnell sein. „Wer ein Kind plant, kann sich eigentlich schon vor der Schwangerschaft auf die Suche nach einem Kita-Platz machen“, witzelt eine Schwangere aus dem Raum Stuttgart – und hat damit nicht Unrecht. In Deutschland kommen nämlich wieder mehr Kinder zur Welt, und die Nachfrage nach Kitaplätzen übersteigt vielerorts das Angebot. Etwa 787 500 Babys wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts im vergangenen Jahr geboren und damit rund 2600 mehr als im Vorjahr. 2016 waren es sogar 792 100. So viele Neugeborene gab es zuletzt im Jahr 1997 (812 200). Auffallend ist nach Angaben der Bundesbehörde der Anteil der Frauen, die 40 Jahre oder älter sind: Im vergangenen Jahr haben sie fast viermal häufiger ein Kind geboren als im Jahr 1990.

 

Wie hat sich die Anzahl der Geburten entwickelt?

In einigen Städten im Südwesten Deutschlands kamen in den vergangenen fünf Jahren mehr Kinder zur Welt als im Zeitraum davor, unter anderem in Ludwigsburg, Ditzingen, Stuttgart, Esslingen, und Böblingen. In Ludwigsburg gab es im vergangenen Jahr 1032 Kinder, die in der Stadt geboren und auch dort gemeldet wurden (2012: 933 Kinder); auf 1000 Einwohner gerechnet kamen elf Neugeborene. Die Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Vorschulkinder ist hoch, wie die Stadtverwaltung mitteilt. 538 Kleinkinder wurden im kürzlich angelaufenen Kindergartenjahr in einer Betreuungseinrichtung aufgenommen, 214 Kinder gingen ohne Platz aus. Bei den Kindergartenkindern sind es 118, die zur Zeit auf einen freien Platz warten. Ihnen stehen 477 aufgenommene Kinder gegenüber.

In Ditzingen ist die Geburtenzahl in den vergangenen Jahren ebenfalls leicht gestiegen. 2017 lag sie bei 250 Neugeborenen, wie der Sprecher Jens Schmukal sagt (2012: 204 Kinder).

In Esslingen gab es im abgelaufenen Jahr 996 Neugeborene (2012: 833 Kinder). Die Geburtenrate war so hoch wie seit Jahren nicht mehr. 2012 lag sie bei 9,3, im vergangenen Jahr bei 10,5. In Böblingen ist die Rate noch höher: 2018 kamen 574 Kinder zur Welt, das entspricht 11,4 Kindern pro 1000 Einwohnern. Nach Angaben der Stadtverwaltung ist auch die Zahl der Vorschulkinder gestiegen. Ausschlaggebend dafür seien neben der zunehmenden Zahl an Geburten insbesondere die Zuwanderung in die Region.

Wie reagieren die Städte auf den Kinderboom?

Um der großen Nachfrage Herr zu werden, baue man Schulen und Kindertagesstätten aus, teilt die Stadt Ludwigsburg mit. Im vergangenen Jahr seien die Friedensschule, die Lembergschule und die Schlösslesfeldschule erweitert worden. Das Kinder- und Familienzentrum Neckarweihingen ging in neuen Räumen in Betrieb, die alte Kita bleibe parallel dazu erhalten. Die Verwaltung geht davon aus, dass sich die Lage „aufgrund der langsameren Entwicklung der Wohnbebauung“ in nächster Zeit entspannen wird.

Die Stadt Stuttgart treibt den Ausbau im Kleinkindbereich voran. Seit 2008 hat die Stadt im Schnitt jährlich 450 neue Betreuungsplätze für Kleinkinder und 660 Plätze für Kinder zwischen drei und sechs Jahren geschaffen. In den kommenden Jahren sollen weitere 3170 Plätze entstehen. Um den Richtwert von etwa 62 Prozent Versorgung zu erreichen, fehlten jedoch noch etwa 1400 Plätze für Null- bis Dreijährige. Zur Debatte stehe, künftig reine Kleinkindeinrichtungen zu schaffen. Das würde jedoch bedeuten, dass sich die Kinder nach zwei Jahren an eine neue Einrichtung gewöhnen müssen. Eine Herausforderung werde überdies sein, neue Flächen und Standorte in Stuttgart zu finden und gleichzeitig bestehende Einrichtungen zu sanieren und zu erweitern.

Die Stadt Esslingen hat auf die Babys reagiert, indem sie 106 zusätzliche Plätze für unter Dreijährige in Kindertagesstätten und 169 Plätze für Kinder zwischen drei und sechs Jahren geschaffen hat. Nach Angaben der Stadtverwaltung ist geplant, weitere Betreuungsplätze einzurichten. Auch an Schulen schafft die Stadt zusätzliche Plätze: Im Vergleich zum Jahr 2015 sind 194 Ganztagesplätze an Grundschulen hinzugekommen.

Die Versorgungsquote lag im vergangenen Jahr bei knapp 44 Prozent und soll bis zum Jahr 2021 auf etwa 50 Prozent erhöht werden. In Böblingen wurde im Mai ein Programm beschlossen, das 500 zusätzliche Kitaplätze schaffen soll. Rund 60 Millionen Euro will die Stadtverwaltung in Ausbau und Erhaltung der Betreuungsstätten investieren. Für den laufenden Betrieb rechnet man mit vier Millionen Euro Kosten pro Jahr.

Welche Probleme gibt es?

Der Ausbau der Einrichtungen ist keine leichte Aufgabe. Wie die Stadt Böblingen mitteilt, fehlt es an Architekten, Kapazitäten im Baugewerbe und an geeigneten pädagogischen Fachkräften. An letzteren mangelt es in allen Städten. In Ditzingen gibt es zwar genügend Platz in den Kitas, doch der kann aufgrund des Fachkräftemangels teilweise nicht ausgenutzt werden. In Esslingen ist die Nachfrage nach wie vor größer als das Angebot, obwohl die Stadt immer mehr Betreuungsplätze schafft. Auch hier kann die Stadt gebaute Plätze in Einrichtungen aufgrund des „eklatanten Personalmangels“ teils nicht zur Verfügung stellen. In Ludwigsburg haben einige Kitas bedingt durch den Personalmangel ihre Öffnungszeiten reduziert.