In Marbach im Kreis Ludwigsburg sollte ein naturnahes Angebot unterbreitet werden. Doch der Gemeinderat entschied sich für einen anderen Weg – und argumentierte vor allem mit der Verlässlichkeit.

Die Weichen schienen gestellt. Einigkeit hatte im Gemeinderat geherrscht, das Marbacher Betreuungsportfolio um einen Waldkindergarten für bis zu 20 Mädchen und Jungs zu erweitern. Auch weil die klamme Kommune dafür für vergleichsweise wenig Geld zusätzliche Plätze bekommen hätte. Doch nun vollzog das Gremium eine Rolle rückwärts: Einmütig wurde entschieden, als nächsten Schritt das Kindergarten-Provisorium an der Backnanger Straße in Rielingshausen von aktuell einer Gruppe auf künftig zwei auszubauen.

 

Anbau als beste Lösung

Diese Umorientierung hängt damit zusammen, dass im kommenden Kindergartenjahr im Stadtteil die Nachfrage das Angebot um elf Betreuungsplätze übersteigen wird, also akuter Handlungsbedarf besteht. Und als bestes Mittel gegen diese Unterdeckung hatte sich nach Auffassung der Verwaltung eben ein Anbau an die bestehende Einrichtung herauskristallisiert.

Krankheit könnte Konsequenzen haben

Als gravierendsten Vorteil strich die Erste Beigeordnete Franziska Wunschik die Verlässlichkeit heraus. „Bei einem Waldkindergarten müssen immer zwei Fachkräfte vorhanden sein, besser drei. Denn wenn draußen einer Erzieherin etwas passiert oder gar eine Kraft krank wird, haben wir schon die Situation, dass wir eigentlich keine Betreuung mehr anbieten können“, erklärte Wunschik. Und auf dem leer gefegten Markt, das klang in der Sitzung mehrfach durch, wird es kaum möglich sein, tatsächlich drei Betreuer auf einen Schlag zu engagieren.

Gegenseitige Hilfe möglich

Zusätzliche Fachkräfte müssen zwar auch erst einmal für die zweite Gruppe in dem Kindergarten an der Backnanger Straße engagiert werden. Aber dort hätte man den Vorteil, notfalls auch eine Kleingruppe einrichten zu können, für die nur eine Erzieherin vonnöten wäre. Insbesondere jedoch könnte künftig im Krankheitsfall Personal von der einen in der anderen Gruppe einspringen und umgekehrt – was somit auch den bestehenden Standort stärken würde, wo laut Wunschik schon „des Öfteren“ krankheitsbedingt die Türen zugeblieben sind. Davon abgesehen sollen in dem Kindergarten auch unter Dreijährige aufgenommen werden, wonach im Ort ohnehin eine Nachfrage herrscht.

Bedürfnisse der Eltern ausschlaggebend

Diese Argumentation fanden die Ratsmitglieder schlüssig. Entscheidend war für sie vor allem, was die Eltern brauchen, und das sei eben nicht zuletzt die Verlässlichkeit durch die künftige Zweigruppigkeit, so der Tenor – damit arbeitende Mütter und Väter nicht urplötzlich vor verschlossenen Kita-Türen stehen.

Pragmatische Lösung in Prevorst

Dass sich Planbarkeit und eingruppiger Naturkindergarten aber nicht per se ausschließen, zeigt ein Blick in den Oberstenfelder Ortsteil Prevorst. Dort setzt die Gemeinde auf ein eben solches Angebot – und löst Ausfälle von maladen Erzieherinnen pragmatisch. „Wenn dort jemand krank ist, kommt jemand aus einer Einrichtung in Oberstenfeld“, sagt Bürgermeister Markus Kleemann. Insofern sei auch in dem eingruppigen Naturkindergarten die Verlässlichkeit garantiert. Er erkenne in dem Punkt keinen Unterschied zu einem eingruppigen klassischen Kindergarten.

„Die Frage der Verlässlichkeit entscheidet sich weniger an der Betriebsform, sondern eher daran, ob es eine eingruppige Einrichtung ist oder nicht“, konstatiert Christiane Conzen, Pressereferentin des Städtetags Baden-Württemberg. Insofern sei es aber tendenziell schon ein Plus, wenn mehrere Gruppen an einem Standort angesiedelt seien. In dem Fall „kann eher eine Vertretung einrichtungsintern organisiert werden. Das fällt bei einer eingruppigen Einrichtung als Option weg“.

Einfache Lösung mit einem Aber

Besteht also auch im Ludwigsburger Naturkindergarten Im Osterholz vom 1. März an eine höhere Verlässlichkeit, wenn die Einrichtung offiziell um eine zweite Gruppe erweitert wird? „Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden“, findet Meike Wätjen, Pressesprecherin der Stadt. „Im ersten Moment mag es nach einer einfachen Lösung klingen, wenn im Krankheitsfall jemand aus der zweiten Gruppe aushelfen kann. Dennoch muss dabei berücksichtigt werden, dass nicht nur mehr Fachkräfte vorhanden, sondern natürlich auch doppelt so viele Kinder zu beaufsichtigen sind. Ein Stück weit relativiert sich das Verhältnis dadurch“, erläutert sie. „Grundsätzlich sind eingruppige Einrichtungen insgesamt gesehen etwas personalintensiver als mehrgruppige Kitas, weil während der gesamten Betreuungszeit durchgehend zwei Fachkräfte anwesend sein müssen“, fügt Wätjen hinzu.

So oder so scheint die Welt nicht zusammenzubrechen, wenn in den Ludwigsburger Kitas und damit auch im Naturkindergarten Erzieherinnen das Bett hüten müssen. „Wir haben ein Vertretungskonzept etabliert, bei dem nahe gelegene Kitas mit ähnlichen Betreuungszeiten Vertretungsverbünde sind. Bei Personalengpässen hilft man sich gegenseitig aus“, erläutert Wätjen. Falls eine Unterstützung über diese Schiene nicht möglich sei, kämen Springer zum Einsatz.

Naturnaher Ansatz

Standorte
Wie es mit dem Thema Waldkindergarten in Marbach weitergeht, steht noch nicht fest. Die Verwaltung begrüßt grundsätzlich den Ansatz, hätte auch zwei Standorte in der Hinterhand, will den Fokus aber zunächst auf die Erweiterung des Kindergartens Wiesenzauber in Rielingshausen richten. Die SPD indes plädiert dafür, beides parallel zu forcieren. Über einen entsprechenden Antrag muss noch entschieden werden.

Außenstelle
Der Wiesenzauber selbst ist allerdings auch schon eine Art Naturkindergarten light. Die Erzieherinnen orientieren sich in ihrer Arbeit an der Natur- und Waldpädagogik, verbringen mit den Kids viel Zeit im Freien. Geplant ist zudem, eine Art Außenstelle mit einem Bauwagen einzurichten, in dem zum Beispiel Material verstaut werden könnte.