Von Montag an sollte die S-Bahn in Stuttgart und der Region nach sechswöchiger sanierungsbedingter Umleitung wieder im Takt fahren. Es kam anders.

Stuttgart - Drei, zwei, eins – bald ist’s so weit.“ Mit einem kleinen Twitter-Countdown bereitete die S-Bahn Stuttgart ihre Fahrgäste am Sonntag auf die Wiedereröffnung der Tunnel-Stammstrecke nach den Sommerferien vor. Sechs Wochen mit Busersatzverkehr und S-Bahn-Sonderlinien, die nach drei Wochen wegen Schäden an den Rädern aus dem Fahrplan fielen, lagen hinter den Fahrgästen. Sie sollten sich von Montag an an teils sanierten Stationen mit neuen Bodenbelägen, Treppenabgängen, Decken- und Wandverkleidungen erfreuen.

 

Die Freude währte allerdings nur kurz, denn gleich zum Auftakt streikten ein Relais im Stellwerk – ein Bauteil für mutmaßlich wenige Euro – und in der Folge Weichen. Dann folgte eine Signalstörung in Fellbach und später, um 15.07 Uhr, noch eine am Hauptbahnhof, die erneut alle Linien traf. Die am stärksten belastete S 1 wich vom Halt Stuttgart-Vaihingen auf die Gäubahn aus und fuhr oben in den Hauptbahnhof ein, die S 3 (Backnang–Flughafen/Messe) fiel bis Betriebsschluss auf den 30-Minuten-Takt zurück. Die Kundschaft nahm das mit einem Anflug von Fatalismus hin. „Der VVS modernisiert, und nichts funktioniert“, hieß es auf dem Kurznachrichtendienst, gute Ratschläge folgten:  „Das hat nach Baustellen noch nie wirklich gut geklappt. Vielleicht solltet ihr noch einen Testtag einplanen.“

Wird von 2026 an alles besser?

„Wir hatten zwei Stellwerksstörungen, beide traten bei der Verdichtung auf den 15-Minuten-Takt kurz nach 6 Uhr auf, die Auswirkungen waren leider auf allen Linien noch bis gegen 13 Uhr zu spüren“, bedauert ein Sprecher der S-Bahn. Ein Techniker habe die Relaisstörung beheben können, die Ursache kenne man nicht. Vielleicht Altersschwäche? Mit der Inbetriebnahme des Bahnprojekts Stuttgart 21 voraussichtlich Ende 2025 wird das alte Stellwerk durch moderne Technik ersetzt werden.

Auch in den Sommerferien 2022 und 2023 wird die Stammstrecke der S-Bahn weiter modernisiert werden, 32 Millionen Euro investiert die Deutsche Bahn in das Erscheinungsbild und die Technik. Parallel wird die Bahn mit den vorbereitenden Arbeiten für die digitale Leit- und Sicherungstechnik ETCS beginnen. Mit ihr solle die Stammstrecke „um mindestens 20 Prozent leistungsfähiger werden“, die S-Bahn könne „ihr Angebot ausweiten und in der Qualität verbessern“, schreibt der Konzern in einer Pressemitteilung.

Der S-Bahn fehlt bald ihre Umleitung

Die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat nehmen die Sanierung 2021 zum Anlass für ein paar kritische Nachfragen, zum Beispiel nach der Aktualität der Echtzeitdaten in den Apps des Verkehrsverbunds Stuttgart und der Deutschen Bahn AG. Beschilderung und Wegeführung zu den Ersatzbussen sind ein Thema, die Auslastung der Stadtbahnlinien U 1 und U 34 und ein Busbeschleunigungskonzept.

Die Grünen sprechen auch einen wunden Punkt an, der den Verband Region Stuttgart (VRS) als den für die S-Bahn zuständigen Aufgabenträger angeht: 2025 wird die Gäubahn vom Hauptbahnhof gekappt. Dann wird der S-Bahn über eine unbekannte Zahl von Jahren ihre Umleitungsstrecke fehlen. Störungen wie am Montag wären dann fatal.