Ein 40-jähriger Mitarbeiter eines Stuttgarter Unternehmens hat Firmengeld aufs eigene Konto überwiesen. Der letzte Betrug ging schief.
Stuttgart - Drei Jahre lang ist der Betrug, der juristisch allerdings einer Untreue gleichkommt, gut gegangen. Eine sich „steigernde Intensität“ hat die Staatsanwältin dem Tun des Angeklagten bescheinigt. Das Gericht schätzt es anders ein. „Wir sehen eine sinkende Hemmschwelle“, sagt Norbert Winkelmann, Vorsitzender Richter der 19. Strafkammer des Landgerichts – ein feiner, aber strafrechtlich durchaus relevanter Unterschied.
Die 19. Kammer hat den 40 Jahre alten ehemaligen Mitarbeiter einer Stuttgarter Firma für Fenster und Türen wegen Untreue in 177 Fällen zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. „Das ist ein hartes Urteil für Sie“, sagt Richter Winkelmann. Tatsächlich habe der Angeklagte „großes Glück“ gehabt.
Die Entscheidung des Angeklagten, sehr früh die Karten auf den Tisch zu legen, habe ihn vor einer härteren Strafe bewahrt. Er sei von seiner Verteidigerin Jasmin Wanka- Bachmeyer gut beraten worden. „Wir haben in vergleichbaren Fällen auch schon sechs Jahre verhängt“, so Winkelmann.
Der Angeklagte hatte leichtes Spiel
Der Mann aus einer Stadt im Landkreis Ludwigsburg hatte 2009 bei dem Stuttgarter Fensterbauunternehmen angefangen. Rund 2500 Euro netto hat er zuletzt verdient. Im November 2014 scheint ihm sein Verdienst zu wenig geworden zu sein. Er begann, in die Firmenkasse zu greifen, was ihm offensichtlich nicht besonders schwer gemacht wurde.
Der 40-Jährige war für die Auftragsakquise, für Bestellungen und die Überwachung des Zahlungsverkehrs zuständig, und zwar allein. Die Kunden suchen sich bei der Firma Fenster und Türen aus, die Firma vergibt den Auftrag an Externe und treibt später die Rechnungsbeträge ein. Der Angeklagte hatte leichtes Spiel.
Er schaltete sich zwischen die Zahlungsvorgänge und ließ die Beträge aufs eigene Konto fließen, was drei Jahre lang niemand merkte. Am Ende hatte er 1,25 Millionen Euro veruntreut. „Sie haben das Vertrauen ihres Arbeitgebers missbraucht“, sagt Richter Winkelmann.
Der Betrug ging 176-mal gut
In den meisten Fällen handelte es sich um Beträge bis zu 5000 Euro, 26-mal waren es Rechnungen zwischen 10 000 und 20 000 Euro. In 176 Fällen ging das gut – bis Mitte November vergangenen Jahres. Beim letzten Fall war der Mann zu dreist geworden. Dabei handelte es sich ums eigene Häuschen im Kreis Ludwigsburg, bei dem er die höchste Einzelsumme abzwackte: Fenster plus Einbau für 44 800 Euro. Die Rechnung ließ er über den Namen der Tochter seiner Lebensgefährtin laufen. Bezahlt hat sie die geprellte Firma. Der Mann wurde festgenommen und legte sofort ein Geständnis ab, das er beim Haftrichter und schließlich vor Gericht wiederholte.
Die Briefzensur habe gezeigt, dass der 40-Jährige von der Zeit in der Untersuchungshaft schwer beeindruckt ist, sagt der Vorsitzende Richter. Die Kammer könne erkennen, dass es ihm ehrlich leid tue. „Wir halten vier Jahre für schuld- und tatangemessen“, so Winkelmann. Die Staatsanwältin hatte viereinhalb Jahre gefordert.
Am Ende erlaubt es der Richter dem Vater und der Schwester wie schon beim Prozessauftakt, den 40-Jährigen innig in die Arme zu schließen. Dann werden dem Mann die Handschließen angelegt.