Die Polizei hat eine Bande ausgehoben, die in ganz Deutschland aktiv gewesen sein soll: Durch manipulierte Spielautomaten wurden Spieler und Staat um viele tausend Euro gebracht.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Rems-Murr-Kreis - Der Polizei ist laut eigenen Angaben ein Schlag gegen eine bundesweit tätige Betrügerbande gelungen. Wie am Mittwoch mitgeteilt wurde, durchsuchten Anfang der vergangenen Woche mehr als 160 Beamte gut 30 Wohnungen und Betriebe in ganz Deutschland. Die beiden mutmaßlichen Köpfe der Gruppierung sitzen inzwischen in Untersuchungshaft: Im Raum Heilbronn wurde ein 62-Jähriger, in Nordrhein-Westfalen ein 48 Jahre alter Mann festgenommen. Laut einem Sprecher der Polizeidirektion Aalen hatte es vorläufige Festnahmen „im zweistelligen Bereich“ gegeben. „In diesen Fällen lag aber kein Haftgrund vor“, so der Sprecher.

 

Es geht um Automaten im dreistelligen Bereich

Ihre Zentrale soll die Bande im Rems-Murr-Kreis betrieben haben. Die Kriminellen sollen im großen Stil das Spiel mit Spielautomaten manipuliert und damit satte Gewinne erzielt haben. Dafür, so der Vorwurf, hätten sie sich in Osteuropa elektronische Bauteile und Steuerungssoftware besorgt. Diese wiederum wurden sowohl in Automaten eingebaut, die der Bande selbst gehörten, als auch über eine Verteilerszene weiterverkauft. Laut einem Polizeisprecher trat die Bande entweder als eine Art Dienstleister auf, der die manipulierten Automaten in Bars und Spielhallen platzierte – oder sie ermöglichte den Betreibern, selbst Gewinne abzuschöpfen.

Die Veränderungen an den Automaten brachten die Apparate dazu, den Spielern geringere Gewinne auszuschütten und den Gewinn der Bande somit zu erhöhen. Wie viele Automaten genau betroffen sind, will die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht verraten. „Es geht um Automaten im unteren dreistelligen Bereich in ganz Deutschland“, sagt ein Sprecher.

Die Polizei beschlagnahmt 270 000 Euro

Ein praktischer Nebeneffekt für die Gauner war, dass die Betreiber Umsatz- und die Vergnügungssteuer sparten, da das Geld heimlich aus den Automaten geholt wurde. Pro Monat, so die Schätzung der Polizei, brachten die so manipulierten Automaten den Tätern zwischen 3000 und 10 000 Euro ein – steuerfrei. Die Polizei sieht deswegen unter anderem die Straftatbestände des Computerbetruges, der Fälschung technischer Aufzeichnungen, des illegalen Glückspiels sowie der Steuerhinterziehung verwirklicht.

Bei den Durchsuchungen stießen die Ermittler auf umfangreiches Beweismaterial: Unter anderem wurden 270 000 Euro beschlagnahmt. Bei dem Geld soll es sich um illegal erzielte Gewinne handeln. Auch eine mindestens fünfstellige Summe aus mutmaßlich manipulierten Spielautomaten wurde einbehalten.

Welche Betreiber wussten über den Betrug Bescheid?

Auf Betrug schien sich die Gruppe allerdings offenbar nicht zu beschränken: Die Polizei fand auch eine scharfe Schusswaffe und portionsweise verpackte Päckchen mit Kokain. Der Polizeisprecher spricht von einem „Zufallsfund“, ob der Drogenhandel fester Bestandteil des Geschäfts der Bande sei, müsse geklärt werden.

Die Ermittlungsarbeit zieht sich bereits seit längerer Zeit hin: Schon im Juni des vergangenen Jahres soll die Bande ins Visier der Polizei geraten sein. Auch jetzt sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen: Unter anderem muss geklärt werden, in welchen Fällen die Betreiber der Bars und Spielhallen von den Manipulationen an den Spielautomaten wussten und welche Betreiber mit der Bande unter einer Decke steckten. Wegen der Masse an Beweisen und Indizien – darunter sind auch auch viele digitale Datenträger – ist davon auszugehen, dass die Auswertung noch einige Zeit dauern wird.