Eine junge Frau muss sich wegen Betrugs vor dem Amtsgericht in Ludwigsburg verantworten. Das Urteil gegen sie fällt milde aus, auch weil die zwei Opfer dem Teenager das Betrügen leicht gemacht hatten.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg/Remseck - Ein bisschen staunten alle Beteiligten – Richterin und Staatsanwältin eingeschlossen – über die Dreistigkeit, aber auch über den Mut, einer 19-Jährigen, die sich am Donnerstag wegen zwei Betrugsfällen vor dem Amtsgericht Ludwigsburg verantworten musste. Die junge Frau aus Remseck hatte sich im vergangenen November auf dem Chatportal Badoo als Prostituierte ausgegeben und sich mit zwei Männern in der Ludwigsburger Schlachthofstraße verabredet.

 

Die Männer kamen zum vereinbarten Treffpunkt, angelockt hatte sie die 19-Jährige mit Bildern von anderen Mädchen aus dem Internet. Ein Nacktbild hatte sie von einer „Lesbenseite“ heruntergeladen, wie sie vor Gericht zugab. Beim Treffen gab die junge Frau an, die Cousine der Prostituierten zu sein. „Aus Sicherheitsgründen“ nahm sie ihrem ersten Opfer 300 Euro ab, eine Woche später sackte sie noch einmal 100 Euro von einem zweiten Mann ein. Dann ließ sie die beiden einfach stehen. Die Betrügereien räumte die Angeklagte unumwunden ein. Mit ihrem Geständnis ersparte sie den beiden Opfern einen unangenehmen Auftritt vor Gericht.

Idee von „echter Prostituierter“

Ob sie keine Angst gehabt habe, wollte die Richterin wissen. „Nö“, sagte die 19-Jährige rotzfrech. „Da sind ja tausend Leute unterwegs.“ Das Ziel, Geschlechtsverkehr gegen Geld zu haben, habe sie nie gehabt. Auch sonst machte die Angeklagte – schwarzer Kapuzenpulli, graue Jeans, Sneakers – vor Gericht den Eindruck, als habe sie es faustdick hinter den Ohren. Auf die Idee, sich als Prostituierte auszugeben und so an Geld zu kommen, war sie während eines Aufenthalts in einer geschlossenen Einrichtung in Bayern, wo sie einen Drogen-Entzug gemacht hatte, gekommen. Dort hatte sie eine echte Prostituierte getroffen und mit ihr über Stundenlöhne von 150 Euro gesprochen.

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Vor dem Aufenthalt in Bayern war die junge Frau bereits aus verschiedensten Heimen geflogen, weil sie immer wieder abgehauen war, auch eine Drogentherapie hatte sie abgebrochen. Mit Marihuana hat die 19-Jährige offenbar reichlich Erfahrung. Zuhause in ihrem Zimmer baute sie die Droge zum Eigenkonsum an, ihr Bruder meldete das irgendwann der Polizei. Auch der Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde am Donnerstag verhandelt. Die Richterin sah einen engen Zusammenhang zwischen dem Drogenkonsum der 19-Jährigen und ihrem Werdegang. „Sie machen auf mich einen aufgeweckten Eindruck“, sagte die Richterin. „Sie hatten sicherlich keinen leichten Start ins Leben. Ich frage mich nur, was wäre gewesen, wenn sie die Finger von dem Zeug gelassen hätten.“ Deshalb machte sie es zur Auflage, dass sich die junge Frau wieder in Therapie begibt.

Fahrrad und Wechselgeld gestohlen

Weil die Staatsanwaltschaft nicht mehr forderte, wurde die Bewährungsstrafe der 19-Jährigen von sechs auf neun Monate erhöht, sie muss außerdem 80 Sozialstunden leisten. „Der Betrug wurde ihnen ungewöhnlich leicht gemacht“, sagte die Staatsanwältin. „Diese Männer haben nicht mehr viel mit dem Kopf gedacht.“

Verurteilt worden war die Remseckerin beim ersten Mal, weil sie ein Fahrrad gestohlen und 449 Euro Wechselgeld bei einem Minijob in einer Tankstelle eingesteckt hatte. Die Angeklagte hatte Glück: Weil sie für diese beiden Vergehen noch nicht verurteilt worden war, als sie die zwei Männer betrog, galt dies nicht als Bewährungsbruch.