Wegen Betrugs mit Aktienanleihen steht er schon vor Gericht. Nun hat die Staatsanwaltschaft den Eventus-Gründer erneut angeklagt – wegen schweren Betrugs und schwerer Untreue bei der Wohnungsgenossenschaft.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Ein Jahr nach dem Auffliegen des mutmaßlichen Millionenbetruges um die Stuttgarter Wohnungsgenossenschaft Eventus hat die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage gegen den Gründer und einstigen Vorstandschef erhoben. Dem 35-jährigen Marco T. würden darin besonders schwerer Betrug, besonders schwere Untreue und Urkundenfälschung vorgeworfen, teilte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde unserer Zeitung mit.

 

Über die Eröffnung des Hauptverfahrens habe nun das Landgericht zu entscheiden. Dort wird gegen T. bereits seit mehreren Monaten wegen eines – deutlich geringer dimensionierten – Betrugs mit frei erfundenen „Allianz-Aktienanleihen“ verhandelt. Die beiden Verfahren könnten nun verbunden werden.

Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft handelte es sich bei der Eventus-Genossenschaft um ein „Schneeballsystem“, das mit immer neuen Geldern am Laufen gehalten wurde. Offiziell sollten damit Wohnungen an attraktiven Standorten errichtet, erworben oder saniert werden. Dafür habe T. von Mitte 2015 bis Mitte 2017 mehr als 250 Genossenschaftsmitglieder angeworben. Bereits damals sei ihm laut Anklage klar gewesen, dass es Eventus „unmöglich sein würde, kostendeckend zu arbeiten, geschweige denn Gewinne zu erwirtschaften“. Das Kapital von mehr als fünf Millionen Euro sei großenteils verbraucht worden, ohne dass ein entsprechender Vermögensbestand gebildet wurde. Nur durch einen weiteren Geldzufluss sei es möglich gewesen, Dividenden zu zahlen und den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Dazu habe T. Eventus „als prosperierendes Unternehmen mit überaus positiver wirtschaftlicher Entwicklung dargestellt“. Die Interessengemeinschaft der Eventus-Geschädigten und der Insolvenzverwalter gehen von einem noch höheren Schaden aus: Nach ihren Erkenntnissen haben etwa 450 Anleger rund zehn Millionen Euro verloren. Laut Staatsanwaltschaft soll der Eventus-Chef mehr als 700 000 Euro aus dem Vermögen der Genossenschaft für „ausschließlich privat veranlasste Ausgaben“ verwendet haben. Dies habe er „durch die Angaben erfundener Verwendungszwecke planmäßig verschleiert“. Zudem wirft die Anklage ihm vor, bei der Finanzierung einer Eigentumswohnung die finanzierende Bank durch fingierte Unterlagen getäuscht zu haben; so sei es zur Auszahlung von mehr als 250 000 Euro gekommen.

Als florierendes Unternehmen dargestellt

Mithilfe bei der Aufklärung angekündigt

Im laufenden Prozess um den Betrug mit Aktienanleihen hatte T., der seit einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt, durch seinen Verteidiger ein Teilgeständnis abgelegt. Dort wird ihm angelastet, neun Anleger durch den Verkauf der frei erfundenen Papiere um mehr als 600 000 Euro gebracht zu haben. Der 35-Jährige gab an, er habe seinen Kunden nicht schädigen, sondern ihnen ein attraktives Produkt anbieten wollen. Dabei habe er Fehler gemacht und letztlich völlig den Überblick verloren. Laut der Anklage soll T. mit den Geldern sein Kreditkartenkonto ausgeglichen, eine Anzahlung für eine Wohnung geleistet und einen Luxuswagen unterhalten haben. Ein Teil sei wohl auch verwendet worden, um Finanzlöcher bei der Eventus-Genossenschaft zu stopfen. T.s Anwalt hatte im Juli angekündigt, sein Mandant werde an der Aufklärung der Vorwürfe zu Eventus mitwirken. Vorerst könne er dazu keine näheren Angaben machen, weil ihm die Akten und die Vorwürfe noch nicht vollständig bekannt seien. Auch das Landgericht hatte die Bezüge zwischen den beiden Betrugsfällen wiederholt thematisiert; derzeit werden in dem Verfahren Zeugen gehört. Wie im Fall der Allianz-Anleihen könnte es auch im Eventus-Prozess zu einem sogenannten Adhäsionsverfahren kommen, bei dem Geschädigte zugleich auch zivilrechtliche Ansprüche geltend machen.