Wer stoppt die falschen Polizisten am Telefon? Landesweit haben sie allein im vergangenen Jahr mehr als fünf Millionen Euro Schaden angerichtet. Und sie machen ungeniert weiter.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Es ist nicht überliefert, wie stark die Verzweiflung der älteren Dame gewesen ist, als sie am Samstagmorgen die echte Polizei anrief. Sie sei vermutlich das Opfer von Trickbetrügern geworden, teilte die 78-Jährige mit. Am Tag zuvor war die Betroffene auf den Fildern von angeblichen Polizisten angerufen worden, und die Frau hatte ihren ganzen Schmuck hergegeben, um ihn vor einem vermeintlichen Einbruch zu schützen. Nun ist alles weg. Selbst erfahrene Kripobeamte müssen angesichts der Schadenssumme schlucken: mehrere Hunderttausend Euro. Das ist weit mehr, als sonst in einem ganzen Jahr in Stuttgart mit dem Trick der falschen Polizisten bisher erbeutet worden ist. Die Gesamtsumme lag da etwas über 100 000.

 

Frau Opfer stand über zwölf Stunden unter Druck

Und das, obwohl die Polizei das Netzwerk der Täter kennt, die von Callcentern in der Türkei aus ihre Anrufe starten. Und das, obwohl schon zahlreiche Kuriere, die das Geld und die Wertsachen abholten, festgenommen und vor Gericht gestellt wurden. Doch nichts scheint die Betrugswelle aufzuhalten, die auch bei der 78-Jährigen auf den Fildern voll wirkte.

„Der ganze Vorgang hat sich am Freitag von 11 Uhr bis zur Schmuckübergabe um 23.50 Uhr hingezogen“, sagt Polizeisprecher Tobias Tomaszewski. Der Frau war zuvor vorgegaukelt worden, dass ein Einbruch unmittelbar bevorstehe und sie ihren Schmuck einem angeblichen Beamten der Spurensicherung übergeben solle. Das tat sie dann kurz vor Mitternacht. Das böse Erwachen kam hinterher.

An die Täter in der Türkei kommt die Polizei nicht ran

Der angebliche Polizist trug löchrige Jeans und eine beigefarbene Baseballmütze. Er Mann hat dunkle Haare und Augen, soll etwa 35 Jahre alt und 1,75 Meter groß sein. Er trug einen dunklen Dreitagebart und ist füllig. An die Hintermänner in der Türkei kommt die Polizei offenbar nicht heran, denn die Zusammenarbeit mit den dortigen Behörden gilt als schwierig. Die Schadenssummen explodieren. 2014 wurden in Baden-Württemberg 216 000 Euro erbeutet, 2016 waren es 1,4 Millionen, 2017 waren es bereits 5,3 Millionen Euro. Was tun? Der Polizeisprecher: „Sobald Ihr Gesprächspartner am Telefon nach Geld fragt oder es fordert: legen Sie auf!“